Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Auflösungsverschulden. Schadenersatz. Schadenersatz wegen Auflösungsverschuldens
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitnehmer wirksam das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung fristlos beendet, kann er neben der Erstattung des Vergütungsausfalls, der bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einer fiktiven Kündigung entstanden wäre, auch eine angemessene Entschädigung verlangen, die sich entsprechend §§ 9, 10 KSchG errechnet.
Normenkette
BGB §§ 628, 628 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 01.10.2009; Aktenzeichen 3 Ca 153/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2009, Az.: 3 Ca 153/09 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts in seinem Urteil vom 01.10.2009.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens.
Der am 11.10.1961 geborene Kläger, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, war seit dem 25.06.2001 bei der Beklagten, die mit in der Regel 40 bis 50 Arbeitnehmern ein Unternehmen im Bereich Betonsanierungen, Kunststoffbeschichtungen, Industrieanstriche, Sandstrahltechnik und Kernbohrungen betreibt, als Arbeiter gegen Zahlung eines Stundenlohnes in Höhe von zuletzt 16,60 EUR brutto beschäftigt; auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 04.07.2002 (im Folgenden: BRTV Bau) Anwendung.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 16.02.2009 eine fristlose Eigenkündigung erklärt hatte, welche der Beklagten noch am 16.02.2009 zugegangen ist, trat der Kläger am 14.04.2009 eine neue Arbeitsstelle an und bezog dort einen Stundenlohn in Höhe von 13,00 EUR brutto.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivortrages und der Prozessgeschichte wird auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2009 (dort S. 2 bis 6 = Bl. 118 bis 122 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
eine Abfindung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
316,35 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 14% hierauf seit dem 15.03.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 01.10.2009 die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 EUR brutto zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung des klagezusprechenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei insoweit begründet als dem Kläger wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten als Schadensersatz eine Abfindung in der zugesprochenen Höhe gemäß § 628 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 9, 10 KSchG (analog) zustehe.
Die Voraussetzung für diesen Schadensersatzanspruch, nämlich eine wirksame außerordentliche Eigenkündigung, sei vorliegend erfüllt. Es liege ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB vor, da die Beklagte zum Kündigungszeitpunkt wiederholt und in erheblicher Höhe mit Arbeitsentgeltzahlungen in Rückstand gewesen sei. So habe zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs die Beklagte noch einen wesentlichen Teil des Nettoarbeitsentgeltes für den Monat Dezember 2008, nämlich in Höhe von 2.303,35 EUR geschuldet; des Weiteren habe auch die Zahlung des vollen Nettobetrages für den Monat Januar 2009 ausgestanden.
Die außerordentliche Kündigung sei erst nach vorausgegangener vergeblicher Abmahnung erfolgt. Dem Kläger sei die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen, da die Beklagte über einen langen Zeitraum, nämlich seit Anfang 2008, mit den Arbeitsentgeltzahlungen monatlich jeweils in Verzug gewesen sei.
Die Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, da der Lohnzahlungsverzug der Beklagten auch zum Kündigungszeitpunkt als Dauertatbestand noch vorgelegen habe.
Neben dem Anspruch auf Ausgleich des Einkommensverlustes für den Zeitraum einer fiktiven Kündigungsfrist stehe dem Kläger auch ein Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich für den Verlust des durch das Kündigungsschutzgesetz vermittelten Bestandsschutzes zu. Dementsprechend könne er eine Abfindung in analoger Anwendung der §§ 9, 10 KSchG verlangen. Diese belaufe sich unter Beachtung der §§ 1 a, 9, 10 KSchG auf 10.000,00 EUR brutto, wobei von einem Bruttomonatsverdienst des Klägers in Höhe von 3.320,00 EUR und einer Beschäftigungszeit bei der Beklagten von sieben Jahren und sieben Monaten auszugehen gewesen sei. Unter Beachtung dieser Berechnungsfaktoren ergebe sich ein Betrag von 12.588,33 EUR, welche allerdings um 20% zu kürzen gewesen sei, da der Kläger zeitnah ein Anschlussarbeitsverhältnis gefunden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 7 ff. des Urteils vom 01.10.2009 (= Bl. 123 ff. d.A.) verwiesen.
Die...