Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernisse, betriebliche. Kündigung, betriebsbedingte. Zumutbarkeit der anderweitigen Beschäftigung für Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dringende betriebliche Erfordernisse i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG liegen nur dann vor, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der bei Ausspruch der Kündigung bestehenden betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art als durch eine (Beendigungs-)Kündigung zu entsprechen.

2. An sich noch gegebene Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitnehmer stehen dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber unter den gegebenen Umständen subjektiv und objektiv nicht zumutbar ist, den Arbeitnehmer dort einzusetzen, z.B. weil ein Auftraggeber „eindringlich” um Auswechslung des Arbeitnehmers mit der Begründung gebeten hat, dessen Verhalten gegenüber den Mitarbeitern sei nicht mehr tragbar.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 19.04.2005; Aktenzeichen 2 Ca 2183/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.04.2005 – 2 Ca 2183/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.500,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die am 21.05.1953 geborene Klägerin ist seit dem Jahre 1986 bei der Beklagten, einem Gebäudereinigungsunternehmen, als Reinigungskraft beschäftigt (gewesen). In den letzten Jahren gestaltete sich das Arbeitsverhältnis der Parteien u.a. wie folgt:

Ab dem 19.02.1999 bis Juli 2000 kam die Klägerin in B-Stadt bei der Fa. U. Deutschland GmbH zum Einsatz. Dieser Einsatz der Klägerin endete nachdem sich der Zeuge B. gegenüber der Beklagten in Bezug auf die Klägerin so geäußert hatte, wie sich dies aus dem Schreiben der U. Deutschland GmbH vom 06.07.2000 (Bl. 34 d. A.) ergibt. Mit dem Schreiben vom 25.05.1999 (Bl. 33 d. A.) hatte die M. GmbH, Werk A., der Beklagten mitgeteilt, dass „größter Wert” darauf gelegt werde, dass die Klägerin bei ihr, der M. GmbH, nicht zum Einsatz komme.

Die Beklagte setzte die Klägerin (dann) bei ihrem Auftraggeber/Kunden M. W.C. Deutschland GmbH, F.-Stadt, ein. Der Einsatz der Klägerin endete mit der Beendigung des Vertrages der Beklagten mit diesem Auftraggeber am 30.10.2001. In dem Schreiben der M. W.C. Deutschland GmbH vom 18.09.2002 erwähnt diese gegenüber der Beklagten „große Probleme mit der bei uns eingesetzten Tageskraft Frau D.” (s. Bl. 35 d. A.).

Von November 2001 bis Juli 2002 wurde die Klägerin mit Reinigungsarbeiten betraut, die in Räumen des Klinikums der Universität F.-Stadt/Main „Uniklinik”) zu erledigen waren. Dieser Einsatz der Klägerin endete, nachdem sich die Zeugin A. für den Auftraggeber der Beklagten in Bezug auf die Klägerin gegenüber der Beklagten so geäußert hatte, wie sich dies aus den Schreiben der H. GmbH, F.-Stadt, vom 15.07.2002 und vom 23.07.2002 (Bl. 36 f. d. A.) ergibt.

Während des Einsatzes der Klägerin in den Räumen des Universitätsklinikums F.-Stadt wandte sich die Beklagte mit folgenden Schreiben an die Klägerin:

  • „Abmahnung” vom 14.05.2002,
  • „2. Abmahnung” vom 26.06.2002 und
  • „3. Abmahnung” vom 08.07.2002

(s. dazu Bl. 6 und 8 ff. des Anlagenordners zu – 4 Ca 2433/03 –; bereits mit dem Schreiben vom 13.10.2000, Bl. 4 des Anlagenordners zu – 4 Ca 2433/03 –, hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin das – nach Ansicht der Beklagten – „schwierige Verhältnis” der Klägerin zum damaligen Auftraggeber der Beklagten – „W.C.” – erwähnt).

In der Zeit ab ca. Ende Juli 2002 bis ca. Mitte April 2003 war die Klägerin unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freigestellt. (Wohl) ab dem 14.04.2003 wurde die Klägerin als Reinigungskraft bei der Fa. M. KGaA in D. eingesetzt. Deren Auftragskoordinator T. äußerte sich in Bezug auf die Klägerin so, wie sich dies aus der Webmail vom 23.07.2003 ergibt (Bl. 43 d. A.: weitergeleitete Nachricht vom 18.06.2003 an den damaligen Betriebsleiter der Beklagten L.).

Mit dem Schreiben vom 25.07.2003 kündigte die Beklagte der Klägerin fristlos. Mit Urteil vom 15.10.2003 – 4 Ca 2433/03 – wies das Arbeitsgericht die (damalige) Kündigungsschutzklage der Klägerin ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Der Berufungsverhandlungstermin in dem Verfahren – 11 Sa 23/04 – (= – 4 Ca 2433/03 –) fand am 08.07.2004 statt. Die Parteien verhandelten damals streitig und schlossen den – später von der Klägerin mit dem Schriftsatz vom 21.07.2004 widerrufenen – Widerrufsvergleich (Bl. 154 d. A. – 4 Ca 2433/03 – = – 11 Sa 23/04 –) ab. Nach näherer Maßgabe des Schreibens vom 19.07.2004 (Bl. 30 f. d. A.) informierte die Beklagte den Betriebsratsvorsitzenden G. von der Absicht der Beklagten, der Klägerin „betriebsbedingt zu kündigen”. Mit dem Schreiben vom 28.07.2004 teilte der Betriebsratsvorsitzende G. der Beklagten mit, dass der Betriebsrat einstimmig beschlossen habe, der Kündigung der Klägerin zuzustimmen (s. Bl. 32 d. A.).

Mit dem Schreiben vom 29.07.2004 (Bl. 4 d. A.) kündigte die Beklagte der Klägerin fristge...

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