Entscheidungsstichwort (Thema)
Einweiser. Fahrlässigkeit, grobe. Firmenwagen. Parkplatz. Rückwärtsfahren. Schadensersatz. Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers. Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz. grobe Fahrlässigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 3 Abs. 7 TVöD finden für die Schadenshaftung der Beschäftigten des Bundes die Bestimmungen, die für die Beamtinnen und Beamten des Bundes gelten entsprechende Anwendung. Nach § 78 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) hat ein Beamter, der die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden nur insoweit zu ersetzen, als ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
2. Zu den allgemeinen Dienstpflichten eines Beamten und auch eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst gehört anerkanntermaßen die Verpflichtung, das Eigentum oder Vermögen des Dienstherrn, das ihm zur Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben anvertraut oder auch nur schlicht zur Verfügung gestellt worden ist, nicht zu beschädigen.
3. Es stellt eine Pflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB, § 78 Abs. 1 BBG dar, wenn der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes beim Rückwärtsfahren mit dem Dienstkraftfahrzeug gegen ein anderes Fahrzeug der Arbeitgeberin stößt und dieses am Heck beschädigt.
4. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zum rein objektiven Maßstab bei normaler Fahrlässigkeit sind bei grober Fahrlässigkeit auch subjektive Umstände zu berücksichtigen. Es kommt also nicht nur darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, wozu auch gehört, ob die Gefahr erkennbar und der Erfolg vorhersehbar und vermeidbar war. Abzustellen ist auch darauf, ob der Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte.
Normenkette
BBG § 78 Abs. 1; TVöD § 3 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 05.05.2009; Aktenzeichen 6 Ca 1400/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 5. Mai 2009, Az.: 6 Ca 1400/08, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Beschädigung eines Fahrzeugs beim Ausparken.
Der Beklagte ist seit April 1989 im Geschäftsbereich des C, B-Stadt als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der TVöD Anwendung.
Am 20.08.2008 führte der Beklagte das geländegängige Bundeswehrfahrzeug der Marke Mercedes-Benz Wolf, dass er auf einem Parkplatz abstellte, der sich auf dem Gelände der X. in B-Stadt befindet. Das Fahrzeug zum Transport des Werkzeugs für die Fernmeldetechniker ist mit einem Softtop (Plastikplane) und einem Rückfenster aus Glas ausgestattet. Über das Fenster ist vollflächig ein Lochblech angebracht, um das Glas vor Beschädigung durch auch spitzes Werkzeug zu schützen. Beim Ausparken fuhr der Beklagte gegen 8.30 Uhr mit dem Mercedes rückwärts und stieß gegen ein anderes Dienstfahrzeug der Klägerin, das ebenfalls auf dem Parkplatz abgestellt war. An diesem Fahrzeug (Werkstattwagen der Marke Renault Kangoo) entstand ein Sachschaden im Heckbereich (Tür, Scheibe und Wischer) in Höhe von insgesamt EUR 867,17. Beide Bundeswehrfahrzeuge sind nicht pflichtversichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 PflVG).
Die Klägerin nahm den Beklagten mit der Begründung, er habe den Sachschaden am Renault grob fahrlässig verursacht, erstinstanzlich auf Schadensersatz in voller Höhe in Anspruch.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 867,17 nebst Zinsen von 2% über dem Basiszinssatz von 5 % ab 07.11.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 05.05.2009 (dort Seite 2 – 5 = Bl. 56 – 59 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 05.05.2009 verurteilt, an die Klägerin EUR 433,50 nebst Zinsen zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Beklagte habe die Hälfte des Schadens zu ersetzen, weil ihm mittlere Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Das Arbeitsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 bis 8 des Urteils (= Bl. 59 – 63 d....