Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung des Insolvenzverwalters wegen Betriebsstilllegung bei ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung trotz fehlerhafter Namensangabe. Kurze Kündigungsfrist nach Ausspruch einer unwirksamer Kündigung durch den Insolvenzverwalter
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein der Umstand, dass im Anhörungsschreiben an einer Stelle der Name offenkundig falsch bezeichnet ist, begründet keine Verwechslungsgefahr, durch die der Betriebsrat nicht in der Lage ist, sich ohne eigene Nachforschungen über die zu kündigende Person und über die Kündigungsgründe ein eigenes Bild zu machen und eine Stellungnahme abzugeben.
2. Eine irgendwie geartete Einschränkung dergestalt, dass sich der Insolvenzverwalter nach Ausspruch einer unwirksamen Kündigung nicht mehr auf die kurze Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO berufen kann, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung, die die Wirkungen notwendiger Kündigungen im Insolvenzverfahren beschleunigen soll, entnehmen.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3; BetrVG § 102 Abs. 1 S. 3; InsO § 113 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 07.11.2013; Aktenzeichen 2 Ca 947/13) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07.11.2013 - 2 Ca 947/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Klägerin.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen Betriebsstilllegung.
Die 1972 geborene Klägerin war seit 06. Juni 1994 bei der Firma A. S. e. K. als Filialleiterin bzw. Verkäuferin beschäftigt. Mit Beschluss des Amtsgerichts U. - Insolvenzgericht - wurde am 28. März 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des A. S., Inhaber der Firma A. S. e. K., eröffnet und der Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vom Beklagten bereits mit Schreiben vom 28. März 2012 zum 30. Juni 2012 und erneut mit Schreiben vom 12. Juli 2012 zum 31. Oktober 2012 gekündigt worden. Den hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklagen hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern in den beiden Vorprozessen der Parteien (Az.: 2 Ca 593/12 und 2 Ca 1126/12) mit inzwischen rechtskräftigen Urteilen jeweils wegen unterlassener Betriebsratsanhörung stattgegeben.
Nach der bereits im Juli 2012 erfolgten Stilllegung des Geschäftsbetriebs der Firma A. S. e. K. wurden in der Bundesrepublik Deutschland keine Filialen mehr betrieben und kein Verkaufspersonal mehr beschäftigt.
Auf der Grundlage eines nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrages waren in den darin festgelegten Betriebsratsbezirken Betriebsräte gewählt worden. Am 02. Juli 2013 erhielt die Vorsitzende des für den Bezirk Pirmasens gebildeten Betriebsrats folgendes Anhörungsschreiben des Beklagten vom 24. Juni 2013 (Bl. 75, 76 d. A.).
"Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma A. S. e. K. und S. XL GmbH Hier: Ausübung Restmandat/Anhörung gemäß § 102 BetrVG der Frau C.
Sehr geehrte Frau V.-R.,
sehr geehrte Betriebsrätinnen,
hiermit möchten wir die Anhörung gemäß § 102 BetrVG zu der beabsichtigten Kündigung der Frau G. R., Eintritt: 06.06.1994, geb. 23.06.1972, ledig, keine Kinder, LSK 1/0, wohnhaft: J.-str. 0, C-Stadt, tätig als Verkaufsstellenleiterin in der Verkaufsstelle K-Stadt, E-str. 00, mit 37,5 Std. pro Woche, Gehalt 2.872,00 €, Eingruppierung IV / 11 (Endstufe Rheinland-Pfalz), zum 31.10.2013 bzw. nächstmöglichen Termin einleiten.
Frau C. hat mit Datum 30.03.2012 die Kündigung zum 30.06.2012 und mit Datum 12.07.2012 die Kündigung zum 31.10.2012 erhalten. Gegen beide Kündigungen hat Frau C. Klage erhoben; beiden Klagen wurde durch das Arbeitsgericht Kaiserslautern stattgegeben.
Aus diesem Grunde wird die Anhörung durch den Betriebsrat hiermit erneut eingeleitet.
Wie Ihnen bekannt ist, wurde am 01.06.2012 im Gläubigerausschuss die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Firma A. S. e. K. vollständig stillzulegen.
Am 28.06.2012 wurde in der Gläubigerausschusssitzung der Firma A. S. XL GmbH die unternehmerische Entscheidung getroffen, auch den Geschäftsbetrieb der Firma A. S. XL GmbH stillzulegen.
Aufgrund der Stilllegung ist der Insolvenzverwalter gezwungen, sämtliche Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter unter Einhaltung der jeweiligen tarifvertraglichen, einzelvertraglichen Kündigungsfristen und unter Beachtung der Besonderheiten des § 113 InsO zu kündigen.
Eine Sozialauswahl kann aus diesem Grunde leider nicht mehr getroffen werden, da alle Mitarbeiter gekündigt werden, auch die Mitarbeiter von der Firma A. S. XL GmbH.
Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist aufgrund der Stilllegung beider Betriebe, nämlich der Firma A. S. e. K. und der Firma A. S. XL GmbH, nicht mehr möglich.
Mit dem Gesamtbetriebsrat wurde am 28.06.2012 ein Interessenausgleich, eine Vereinbarung zur Betriebsratstätigkeit und ein Sozialtarifvertrag abgesch...