rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösung. Bezugnahmeklausel. Differenzierungsklausel. Gleichstellungsabrede. Nachwirkung. Tarifvertrag. Zuwendung. Zulässigkeit einer einfachen Differenzierungsklausel im Tarifvertrag über eine Zuwendung (ZTV Pro Seniore). dynamische Bezugnahmeklausel im Formulararbeitsvertrag. Ablösung eines nachwirkenden Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung durch den MTV Pro Seniore
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus einer Klausel in einem Arbeitsvertrag – „Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 01.07.1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrags für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrags. … Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. …” – ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Parteien mit dem „Tarifvertrag für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung” denjenigen Tarifvertrag gemeint haben, an den die Arbeitgeberin selbst gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG gebunden ist. Bei der vertraglichen Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine sog. Tarifwechselklausel.
2. Auf der Grundlage der bislang üblichen einfachen dynamischen Bezugnahmeklauseln (dem Verweis auf die Bestimmungen des anzuwendenden Tarifvertrags in seiner jeweils gültigen Fassung) haben nicht organisierte Arbeitnehmer in aller Regel keinen Anspruch auf Leistungen, die der Tarifvertrag exklusiv den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehält. Mit einer einfachen Bezugnahmeklausel ist ein umfassender Gleichstellungseffekt nicht verbunden, und zwar auch dann nicht, wenn sie als Gleichstellungsabrede im Sinn der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu verstehen ist.
3. Eine sog. „einfache Differenzierungsklausel” ist nach der allgemein verwendeten Terminologie dadurch charakterisiert, dass sie in einer anspruchsbegründenden einzelnen Tarifregelung – „im Inneren des Tarifvertrags” – die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft ausdrücklich zu einer anspruchsbegründenden Voraussetzung macht. Gegen einfache Differenzierungsklauseln bestehen weder verfassungsrechtliche noch tarifvertragliche Bedenken.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611; TVG §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 08.09.2009; Aktenzeichen 6 Ca 605/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 08.09.2009, Az.: 6 Ca 605/09, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 90,00 (netto) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 10,00 seit dem 01.02.2009, 01.03.2009, 01.04.2009, 01.05.2009, 01.06.2009, 01.07.2009, 01.08.2009, 01.09.2009 und 01.10.2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin an die X. Lebensversicherung AG aus dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. …, Versicherungsnummer: …, EUR 2.822,40 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin 77% und die Beklagte 23 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 36 % und die Beklagte 64 % zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 4.516,35 festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Zahlung einer Sonderzuwendung (von Nov. 2008 bis Aug. 2009), Schadensersatz wegen Nichtreinigung der Dienstkleidung (von Jan. 2009 bis Sept. 2009) und die Zahlung von Versicherungsbeiträgen zur betrieblichen Altersversorgung (von Juni 2005 bis Mai 2009).
Die Klägerin (geb. am 25.09.1965) ist seit dem 15.12.1997 in der A. in A-Stadt bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen als Krankenschwester beschäftigt. Sie ist seit September 2009 Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
Im schriftlichen Formulararbeitsvertrag vom 02.12.1997 (Bl. 12/13 d. A.) zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der DSK Sozialdienste gGmbH, ist u.a. folgendes geregelt:
„§ 14
Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages...