Entscheidungsstichwort (Thema)

Angestellter, leitender. Auflösungsantrag. Ehrverletzung, einmalige. Kündigung, außerordentliche. Kündigung aus wichtigem Grund wegen der Äußerung „Jawohl, mein Führer”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Äußerung „Jawohl, mein Führer” gegenüber einer im Verkaufssekretariat tätigen Mitarbeiterin stellt einen an sich geeigneten wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.

2. Bei der nach § 626 Abs. 1 BGB stets erforderlichen Interessenabwägung sind die Schwere der Verfehlung, deren Folge für den Arbeitgeber, die Folgen für den Betriebsfrieden, ein eventuell eingetretener Vertrauensverlust sowie das Maß des Verschuldens und der Grad einer bestehenden Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen. Auf Seiten des Arbeitnehmers sind die Dauer des Arbeitsverhältnisses, etwaige Verdienste um den Betrieb, die diskriminierende Wirkung einer fristlosen Kündigung, das Lebensalter und die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung in die Interessenabwägung einzustellen.

3. Die Befugnis zur selbststständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 KSchG kann alternativ gegeben sein. Für die Anwendung von § 14 Abs. 2 KSchG ist es ausreichend, wenn der Arbeitnehmer entweder einstellen oder entlassen darf. Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer seine Funktion auch tatsächlich ausübt. Die Befugnis zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung muss sowohl im Außen- wie auch im Innenverhältnis gegeben sein und die Stellung des Arbeitnehmers wesentlich prägen.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; KSchG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 10.03.2009; Aktenzeichen 12 Ca 2360/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.03.2009 – 12 Ca 2360/08 – wird zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 29. September 2008 und des in zweiter Instanz gestellten Auflösungsantrags der Beklagten.

Der am 31. Januar 1961 geborene, verheiratete, gegenüber 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 2. Januar 1996 bei der Beklagten in deren Zweigbetrieb A-Stadt als Bezirksleiter beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Anstellungsvertrag vom 15. Dezember 1995 zugrunde. Gemäß Ziffer 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung gilt eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende als vereinbart. In Ziffer 6 des Anstellungsvertrages heißt es:

”Als Bezirksleiter ist Arbeitnehmer für eine Zahl ihm unterstellter Filialen verantwortlich. Insbesondere wird von ihm erwartet, dass die ihm anvertrauten Filialen mit niedrigen Kosten arbeiten, stimmende Abrechnungen, gute Umsätze und hohe Umschlagsgeschwindigkeiten aufweisen und sich in einem sauberen Zustand befinden. Sein Einsatz und seine Aufgabe regeln sich insbesondere nach den Bestimmungen der Führungsanweisung, Stellenbeschreibung und Dienstanweisung, die alle Bestandteil dieser Vereinbarung sind.

Wegen des Inhalts des Anstellungsvertrages im Übrigen wird auf die Anlage K 1 (Bl.3 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Arbeitsvertrag des Klägers ist vom damaligen Niederlassungsleiter, Herrn W., unterzeichnet. Die in Ziffer 6 des Anstellungsvertrages in Bezug genommene „Stellenbeschreibung und Dienstanweisung” lautet auszugsweise:

”Bereichsleiter/innen – Verkauf

A) Stellenbezeichnung

Bereichsleiter/in – Verkauf

B) Unterstellung des Stelleninhabers

Der Stelleninhaber ist fachlich dem Verkaufsleiter unterstellt. Disziplinarvorgesetzter des Stelleninhabers ist der Niederlassungsleiter. Dieser ist kündigungsbefugt. Weiter kündigungsbefugt sind die Mitglieder der Geschäftsleitung.

C) Unterstellung der Mitarbeiter des Stelleninhabers

Dem Stelleninhaber sind die Filialleiter seines Bezirkes fachlich, die Filialleiter-Stellvertreter und das Verkaufspersonal fachlich und disziplinarisch unterstellt. Er ist dem Verkaufspersonal gegenüber kündigungsbefugt.

(…)

F) Aufgabenbereiche im Einzelnen

I. Fachliche Aufgaben

a) Personalwesen

  1. Er ist verantwortlich für die Koordination und Steuerung von Arbeitsabläufen und die Führung aller Mitarbeiter seines Bezirkes.
  2. Er kennt die Stellenbeschreibung und Dienstanweisung der ihm unterstellten Mitarbeiter und prüft deren Einhaltung.
  3. Er ist verantwortlich für die Einhaltung der durch ihn festgelegten Personalkosten-Planwerte pro Filiale unter Berücksichtigung vergleichbarer Filialbesetzungen, Umsätze und einzusetzender Stunden unter Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften. Er ergreift permanent entsprechende kostensenkende Maßnahmen.
  4. Er entscheidet über den Personalbedarf der Filialen unter dem Aspekt der Kostenminimierung in seinem Bezirk sowie unter Berücksichtigung des monatlichen Umsatzes und der Stundenleistung der Filialen. Er stellt das Personal bis zum FL-Stellvertreter einschließlich ein und aus, ebenso legt er deren Zeugnis...

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