Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, betriebsbedingte. Kündigungsschutz, einzelvertraglicher. Sozialauswahl. Betriebsbedingte Kündigung. einzelvertraglicher Kündigungsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Ob ein von einer betriebsbedingten Kündigung betroffener Arbeitnehmer einen mit anderen Arbeitnehmern vereinbarten Ausschluss betriebsbedingter Kündigung für einen bestimmten Zeitraum bei Überprüfung der Sozialauswahl gegen sich gelten lassen muss, richtet sich nach den Kriterien, die das Bundesarbeitsgericht für die Frage aufgestellt hat, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der Überprüfung der Sozialauswahl an sich nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeiten infolge einer vertraglichen Vereinbarung der Anrechenbarkeit zu berücksichtigen sind (vgl. BAG Urteil vom 2.6.2005 – 2 AZR 480/04 –).
2. Danach muss ein von einer betriebsbedingten Kündigung betroffener Arbeitnehmer einen mit anderen Arbeitnehmern vereinbarten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen u.a. dann im Rahmen der Sozialauswahl nicht gegen sich gelten lassen, wenn für diese Vereinbarungen kein sachlicher Grund besteht.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 15.07.2010; Aktenzeichen 3 Ca 3140/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.07.2010 – 3 Ca 3140/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer seitens der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung sowie um die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte ist ein im Bereich der Herstellung von Haushaltsgegenständen tätiges Unternehmen mit Hauptsitz in N. und zweitem ca. 190 Kilometer entferntem weiteren Standort in Z.. Sie beschäftigt in N. weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Am Standort N. besteht ein Betriebsrat. Der Betrieb gliedert sich in die Abteilungen Spritzguss, Dr. O., L. sowie Retouren und Logistik (Nachschublager).
Die am 01.01.1967 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist seit dem 23.12.1988 bei der Beklagten als Arbeiterin am Standort N. beschäftigt. Sie war zuletzt im Bereich der Retouren eingesetzt und übernahm die Aufgaben der Poststelle. Die Beklagte wendet auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten in N. die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz an. Dementsprechend wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe E 02 des Entgeltrahmen-Tarifvertrag (ERA-TV) eingruppiert und erhielt auf der Grundlage einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden/Monat ein monatliches Bruttoentgelt von 1.246,24 Euro. Im Bereich der Retouren waren am Standort N. zuletzt elf Arbeitnehmer beschäftigt.
Im Jahre 2007 verlagerte die Beklagte ihren Logistikbereich mit Ausnahme des Nachschublagers und der Retouren, nach Z.. Im hierzu vereinbarten Sozialplan/Interessenausgleich vom 29.05.2007 war hinsichtlich einer Verlagerung der Retourenabteilung Folgendes vereinbart:
„Ob die Retourenabteilung auch nach dem 31.12.2009 weiterhin in N. erfolgt, wird im Laufe des ersten Halbjahres 2009 entschieden. Das Unternehmen behält sich vor, auch die Retourenabteilung mit Wirkung bis zum 01.01.2010 nach Z. zu verlagern…
… Diese Arbeitsplätze bleiben bis mindestens 31.12.2009 am Standort N. erhalten”
Am 22.06.2009 unterbreitete die Beklagte den vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern der Spitzgussabteilung sowie der Abteilung Dr. O. das Angebot, eine Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag abzuschließen. Dieses lautete auszugsweise:
…”1. Arbeitsentgelt
in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag vereinbaren die L. AG und der Arbeitnehmer, dass ab dem 01. Oktober 2009 auf ihr Arbeitsverhältnis eine 40-Stunden-Woche Anwendung findet. Bei Vollzeitkräften gilt daher ab dem genannten Datum die 40-Stunden-Woche. Die gegenwärtige Vergütung wird nicht angepasst, ein Lohnausgleich findet nicht statt.
2. Urlaubsanspruch
Mit Wirkung ab dem 01. Januar 2010 verringert sich der jährliche Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers dauerhaft von 30 auf 28 Tage.
3.Befristeter Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung
Die L. AG sichert zu, dass sie bis zum 31.12.2011 auf eine betriebsbedingte Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer verzichtet.
4.Gehaltserhöung
Mit Wirkung zu dem 01. Oktober 2009 erhöht sich das aktuelle Grundentgelt des Arbeitnehmers dauerhaft um 2 %.
Alle anderen bisherigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen bleiben unverändert.
Aufschiebenden Bedingung
Dieses Angebot steht unter den aufschiebenden Bedingungen, dass bis zum 06. Juli 2009 ALLE Mitarbeiter der aktuell in der Spritzgussabteilung beschäftigten Arbeitnehmer ihre zustimmende Unterschrift abgeben und bis zum 30. September 2009 sämtliche Betriebsvereinbarungen, die mit der Arbeitszeitverlängerung und -verteilung sowie Prämienmodellen in Zusammenhang stehen, neu verhandelt und unterzeichnet vorliegen.
Stimmen nicht A...