Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung im Kleinbetrieb. Schmerzensgeld wegen Überarbeit. Haftungsausschluss. Kleinbetrieb. Kündigung. Schmerzensgeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG ist festzustellen durch einen Rückblick auf die bisherige personelle Situation und einer Einbeziehung der zukünftigen Entwicklung. Es kommt nicht auf eine Zufallszahl am Tag des Zugangs der Kündigung an.
2. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers bei einer betriebsbedingten Kündigung im Kleinbetrieb kann nur darauf überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung des Interesses des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes und der schutzwürdigen Interessen des Kleinunternehmers gegen Treu und Glauben verstößt. Das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme kann als außer Acht gelassen erachtet werden, wenn auf den ersten Blick erkennbar ist, dass der Arbeitgeber einen erheblich weniger schutzbedürftigen, vergleichbaren Arbeitnehmer weiter beschäftigt.
Normenkette
BGB § 242; KSchG a.F. § 23; SGB VII § 104
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 08.04.2004; Aktenzeichen 4 Ca 3594/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom08.04.2004 – 4 Ca 3594/03 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht mit seiner Klage die Unwirksamkeit einer seitens des Beklagten ausgesprochenen Kündigung und einen Schmerzensgeldanspruch geltend.
Der am 05.10.1967 geborene Kläger war bei dem Beklagten seit 01.09.2001 als Schreiner beschäftigt; am 28.12.2001 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wegen dessen Inhalt auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 05.10.2004 zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen wird. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung beschäftigte der Beklagte, der einen Handwerksbetrieb betreibt, neben dem Kläger den 40 Jahre alten Arbeitnehmer VV, der verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, sowie den Zeugen UU, der nach einem Praktikum im Betrieb des Beklagten von diesem im Jahr 2003 eingestellt worden war. Ob ihm, ebenso wie dem Kläger – allerdings lediglich mit zweiwöchiger Frist innerhalb der Probezeit – zum 30.11.2003 gekündigt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger hat geltend, die ihm mit Schreiben vom 30.10.2003 zum 30.11.2003 ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung und selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, erweise sie sich nach § 242 BGB als unwirksam. Der Zeuge UU habe an seiner Stelle entlassen werden müssen.
Diesen habe er noch im Januar 2003 in Arbeitskleidung im Betrieb des Beklagten gesehen. Die Zeugin TT – die Mutter des Beklagten – sei regelmäßig dann, wenn der Beklagte auf Montage sei, was häufig vorkomme, täglich mehrere Stunden im Büro. Sie bediene das Telefon und übe ansonsten eine gewöhnliche Bürotätigkeit aus und erledige die gesamte Buchhaltung des Betriebs. Es sei davon auszugehen, dass sie hierfür normal entlohnt werde. Auch die Ehefrau des Beklagten sei regelmäßig im Büro beschäftigt, mache Bürodienst und bediene das Telefon. Der Zeuge RR – der Lebensgefährte der Zeugin TT – sei „mehrere Zeit” damit beschäftigt gewesen, im Betrieb des Beklagten zu mauern, zu betonieren, einen Ringanker und Fundamente zu legen und Rasensteine zu setzen. Schließlich sei auch der Zeuge QQ keineswegs nur einmal bei einer größeren Baustelle in C-Stadt beschäftigt gewesen – ohnehin eine Renovierung von 20 Wohnungen und damit eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende Tätigkeit. Er habe darüber hinaus auch schon bei der Renovierung und dem Büroumbau des Anwesens C. mitgearbeitet. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass auch diese Arbeiten unentgeltlich ausgeführt worden seien, der Beklagte müsse von Wohltätern umgeben sein.
Der Kläger hat weiterhin geltend gemacht, der Beklagte habe ihn in den beiden Jahren der Beschäftigung regelmäßig und systematisch überbeansprucht, Arbeitstage mit einer Dauer von 9-16 Stunden seien die Regel gewesen. Was eine Mehrzahl von Verschleißerkrankungen, einen Meniskusschaden, ein chronisches HWS-Syndrom und ähnliche Erkrankungen zur Folge gehabt habe. Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass bei der körperlichen Beanspruchung, der er ausgesetzt gewesen sei, zwangsläufig Überlastungsschäden auftreten, was der Beklagte auch gewusst habe.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 30.10.2003 nicht beendet worden ist;
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
Der Beklagte hat vorgetragen, dem Zeugen UU sei zum 30.11.2003 gekündigt worden. Er trage regelmäßig Zimmermannskluft. Er habe privat noch etwas zu erledig...