Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikation. Beschäftigungsverbote nach §§ 3 II, 6 I MuSchG. Gratifikation in Form eines 13. Monatsgehaltes für Zeiten der Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG. Notwendigkeit einer ausdrücklichen gegenteiligen Vereinbarung. Vergütung
Leitsatz (amtlich)
1) Haben die Parteien arbeitsvertraglich die Zahlung eines 13. Monatsgehalts vereinbart, dann steht ein solcher Vergütungsbestandteil grundsätzlich der Arbeitnehmerin anteilig für die Zeiten der Beschäftigungsverbote (§§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG) auch dann zu, wenn sie in dieser Zeit keine Arbeitsleistungen im Arbeitsverhältnis erbringt.
2) Die Arbeitsvertragsparteien können vereinbaren, daß für die Dauer der o.g. Beschäftigungsverbote kein anteiliges 13. Monatsgehalt gezahlt werden soll. Eine solche anspruchsausschließende Vereinbarung muß aber ausdrücklich und unzweideutig getroffen werden.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 22.01.1997; Aktenzeichen 10 Ca 2225/96) |
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22. Januar 1997 – 10 Ca 2225/96 – abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 978,11 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 8. August 1996 zu bezahlen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3) Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung eines anteiligen 13. Monatsgehalts für die Zeit der Beschäftigungsverbote nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG in unstreitiger Höhe von 978,11 DM brutto.
Die Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als Bürokraft in der Kanzlei des Beklagten beschäftigt zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 3.650,– DM.
Für das Jahr 1993 erhielt die Klägerin eine zeitanteilige Vergütung, im Folgejahr ein volles Monatsgehalt und für das Jahr 1995 eine anteilige Sondervergütung für die Zeit vom 1. Jan. bis 4. Juni 1995. Vom 5. Juni bis 18. Sept. 1995 bestand für die Klägerin ein Beschäftigungsverbot nach den §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG. Seit dem 18. Sept. 1995 ist die Klägerin im Erziehungsurlaub.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß ihre Abwesenheit während der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz sich nicht anspruchsausschließend bei der Sondervergütung für das Jahr 1995 auswirken dürfe. Es sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden, daß das 13. Monatsgehalt nur für den Zeitraum der tatsächlich geleisteten Arbeit zu zahlen sei. Im übrigen sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine entsprechende Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes unwirksam.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 978,11 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus sich ergebenden Nettobetrag seit dem 8. Aug. 1996 zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung sei er zur Kürzung während der schwangerschaftsbedingten Abwesenheit der Klägerin für die Dauer der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz berechtigt. Es sei ausdrücklich bei der Einstellung zwischen den Parteien mündlich vereinbart worden, daß sich das 13. Monatsgehalt nach der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung errechne. Eine derartige Vereinbarung verstoße auch nicht gegen die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat durch Urteil vom 22. Jan. 1997, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht angegeben, bei der Sonderzahlung handele es sich um in der Fälligkeit herausgeschobenes Arbeitsentgelt. Für Zeiten ohne Arbeitsleistung stehe daher der Klägerin auch kein anteiliges 13. Monatsgehalt zu. Die Kürzungsmöglichkeit bei dieser Leistung bestehe unabhängig davon, ob diese ausdrücklich vereinbart worden sei oder nicht, weil insoweit eine arbeitsleistungsbezogene Sondervergütung gezahlt werde. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 5–7 dieses Urteils, das der Klägerin am 11. April 1997 zugestellt worden ist, Bezug genommen. Die Klägerin hat hiergegen mit einem Montag, den 12. Mai 1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 11. Juni 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Nach Auffassung der Klägerin habe das Arbeitsgericht die Rechtslage fehlerhaft beurteilt. Ein Vergleich zwischen einer Schwangerschaft und Krankheitszeiten sei nicht möglich. Der Schutzzweck des Mutterschutzgesetzes bestehe u.a. auch darin, die finanziellen Belastungen einer Schwangerschaft für die Betroffene abzufedern und gerade den aktuellen Lebensstandard trotz der bestehenden Schwangerschaft zu sichern.
Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Rechtsauffassung des...