Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Voraussetzung eines Betriebsübergangs. Wahrung der wirtschaftlichen Einheit. Wiedereinstellungsanspruch. Betriebsstilllegung und Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei betriebsbedingten Kündigungen entsteht ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn sich im Zeitraum zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer ergibt.
2. Erfolgt nach einer Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung noch ein Betriebsübergang, so ist ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim Betriebserwerber dem Grunde nach gegeben. Findet nach der Betriebsstilllegung kein Betriebsübergang, sondern eine bloße Übernahme einiger Betriebsmittel oder eines Teils des Personals statt, so besteht kein Wiedereinstellungsanspruch.
3. Ein Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Der Begriff Einheit bezieht sich dabei auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung.
Normenkette
BGB §§ 613a, 242
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 04.02.2003; Aktenzeichen 5 Ca 1285/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom04.02.2003, AZ: 5 Ca 1285/02, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Einstellungsanspruch zusteht.
Der Kläger war seit 1987 bei der Firma Hallenbau W. GmbH & Co. KG als Stahlbaumonteur beschäftigt. Er erzielte ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen von EUR 3000,–. Zuletzt waren bei der Firma Hallenbau W. GmbH & Co. KG ca. 42 Arbeitnehmer beschäftigt.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 28.06.2002 wurde über das Vermögen der Firma Hallenbau W. GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 28.06.2002 kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 30.09.2002. Mit Schreiben vom 15.08.2002 stellte der Insolvenzverwalter den Kläger, unter Anrechnung eventuell bestehender Urlaubsansprüche bzw. Restüberstundenanspruche, bis zum Ende der Kündigungsfrist von der Arbeit frei. Nachdem der Kläger gegen die Kündigung keine rechtlichen Schritte unternahm, endete sein Arbeitsverhältnis zunächst mit Ablauf des 30.09.2002.
Am 23.10.2002 wurde ein Zeitungsartikel veröffentlicht, nach dessen Inhalt die Beklagte den Betrieb der insolventen Firma Hallenbau W. GmbH und Co. KG fortsetzen und 25 von 42 ehemaligen Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin übernehmen wird.
Der Kläger hat vorgetragen:
Der Insolvenzverwalter sei von Anfang an bemüht gewesen, einen Übernehmer zu finden. Daher sei die ursprüngliche Kündigung nicht wegen einer beabsichtigten Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen habe, wirksam gewesen. Ein Wiedereinstellungsanspruch könne sich auch nach Ablauf der Kündigungsfrist ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Stahlbaumonteur einzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Es sei eine endgültige Stilllegung geplant gewesen. Ein Übernehmer habe sich erst nach Ablauf der Kündigungsfrist gefunden. Es habe kein Beschäftigungsbedarf für den Kläger bestanden. Das zeige auch die Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Ein Wiedereinstellungsanspruch könne außerdem nur dann in Frage kommen, wenn sich während des Laufs der Kündigungsfrist eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Schriftstücke und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen erster Instanz Bezug genommen.
Mit Urteil vom 04.02.2003 hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – das Klagebegehren abgewiesen. Bezüglich des genauen Inhalts der Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 24 ff. d. A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 26.05.2003, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz am 27.05.2003, hat der Kläger gegen das ihm am 30.04.2003 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – Berufung eingelegt und diese nach Gewährung einer Schriftsatzverlängerung bis zum 30.07.2003 mit Schreiben vom 29.07.2003, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz am selben Tage, begründet.
Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass ihm gegenüber der Beklagten ein Einstellungsanspruch zusteht.
Hierzu trägt er vor:
Das Arbeitsgericht habe seinen Vortrag hinsichtlich der fehlenden Stilllegungsabsicht des Insolvenzverwalters rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt. Es habe versäumt, über seine Behauptung Beweis zu erheben, dass sich der In...