Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigungskündigung bei Betriebsübergang. Beendigungskündigung. Betriebsstätte. Betriebsübergang. Kündigung. betriebsbedingt. Schließung. Änderungskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Rahmen eines Betriebsübergangs gem. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB muss die wirtschaftliche Einheit des Betriebs oder Betriebsteils gewahrt werden. Eine wirtschaftliche Einheit liegt vor, wenn eine organisierte Gesamtheit von Personen eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit mit eigener Zielsetzung verfolgt.

2. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, notfalls im Wege der Änderungskündigung, vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung eine zumutbare Weiterbeschäftigung anbieten. Dies gilt nicht, wenn im Kündigungszeitpunkt kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist.

3. Unterlässt der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Beendigungskündigung ein ihm mögliches und zumutbares Angebot auf Weiterbeschäftigung, so ist die Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer einem solchen Änderungsangebot zumindest unter Vorbehalt zugestimmt hätte. Dies muss der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess vortragen.

 

Normenkette

BGB § 613a; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 15.01.2004; Aktenzeichen 10 Ca 2335/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz vom15.01.2004 – 10 Ca 2335/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 30.06.2003, die sie auf dringende betriebliche Gründe stützt.

Der Kläger ist – nach seinem Vortrag seit dem 01.04.1964 und nach dem Vortrag der Beklagten seit dem 15.07.1977 – als Großhandelskaufmann zu einer monatlichen Vergütung von 2.192,00 Euro in der Betriebsstätte X. eingesetzt gewesen. Jedenfalls bis zum 01.03.1998 war der Kläger bei der Firma R. Rhein-Main Tabakwarenvertrieb GmbH & Co. KG – (im Folgenden: R.), die Zigaretten vertrieben hat, beschäftigt. Ob und ggf. wann danach das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen ist, ist zwischen den Parteien nicht eindeutig geklärt. Geschäftsführer der R. war früher ein Herr W., seit dem 01.03.1998 ist Geschäftsführer der R. Herr W. W., der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten des vorliegenden Verfahrens. Herr W. hatte damals die Geschäftsanteile an der R. gekauft, den Firmennamen R. jedoch weitergeführt. Die Beklagte pachtete damals den Automatenpark von der R. und führte den Betrieb unter Beibehaltung der Betriebsorganisation und des Betriebszweckes im damaligen Umfang weiter. Personal ist im Zusammenhang mit dem Übergang der Geschäftsanteile am 01.03.1998 in der X. Betriebsstätte nicht abgebaut worden.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 28.07.2003 zum 31.01.2004 gekündigt mit dem Hinweis, dass – wie dem Kläger bekannt sei – der Standort X. zum 31.12.2003 geschlossen werde und die Touren dieses Standortes nach C-Stadt verlagert werden. Auf den Inhalt des Kündigungsschreibens vom 28.07.2003 (Bl. 5, 6 d.A.) wird hiermit Bezug genommen.

Im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren wehrt sich der Kläger gegen diese Kündigung.

Nachdem der Kläger erstinstanzlich zunächst bestritten hatte, dass die Betriebsstätte X. geschlossen werden solle, war dies bereits im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens unstreitig geworden. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, da die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, ihm vor Ausspruch einer Beendigungskündigung zunächst eine Änderungskündigung auszusprechen. Außerdem hält der Kläger die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB für unwirksam, da die R. zum 31.03.1998 auf die Beklagte übergegangen sei, zumal die Arbeitnehmer angewiesen worden seien, danach im Namen der Firma W. zu handeln. Der bisherige Fuhrpark sei durch neue Pkw's ersetzt worden. Damit liege auch ein Betriebsübergang vor, der Ursache für seine Kündigung gewesen sei. Trotzdem sei die Beklagte nicht kündigungsbefugt gewesen, da sie in einem Parallelverfahren vorgetragen habe, er, der Kläger, sei nach wie vor bei der Firma R. beschäftigt. Zumindest hätte die Beklagte eine Sozialauswahl mit den kaufmännischen Angestellten des Betriebes C-Stadt durchführen müssen, dann hätte sie nicht ihm das Arbeitsverhältnis kündigen dürfen, da er im Kündigungszeitpunkt eine 29-jährige Betriebszugehörigkeit aufgewiesen habe.

Der Kläger hat neben seinem Antrag,

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2003 nicht zum 31.01.2004 aufgelöst worden ist

eine Reihe von weitergehenden Klageanträgen gestellt. Insoweit wird auf Bl. 4 des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei am 31.03.1998 auf sie, die Beklagte, gemäß § 613 a BGB im Wege eines Betriebsübergangs übergegangen. Die Kündigung sei aus...

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