Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Sachbearbeiterin im Transportwesen bei den US-Stationierungsstreitkräften wegen privater Nutzung eines Dienstfahrzeugs

 

Leitsatz (redaktionell)

Die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt nicht erst mit Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung. Vielmehr muss die Anhörung des Arbeitnehmers zügig nach Abschluss der internen Ermittlungen durchgeführt werden. Das Verstreichen von mehr als 3 Wochen kann ohne nachvollziehbaren Grund nicht mehr als zur zügigen Aufklärung des Sachverhalts erforderlich angesehen werden.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 15.03.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1153/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15.03.2017, Az.: 1 Ca 1153/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen den US-Stationierungsstreitkräften und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen Kündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

Die vierzig Jahre alte, geschiedene Klägerin ist einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet. Sie ist seit 2014 bei den US-Stationierungsstreitkräften als Sachbearbeiterin im Transportwesen in L. (L. R. Medical Center) gegen eine monatliche Bruttogrundvergütung von 2.891,20 Euro beschäftigt.

Die US-Stationierungsstreitkräfte haben das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit einem der Klägerin am 28.09.2016 zugegangenen Schreiben ohne Datum, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 4 bis 6 d. A. Bezug genommen wird, außerordentlich zum 30.09.2016 gekündigt. Als Kündigungsgrund wird in diesem Schreiben angegeben, dass die Klägerin Dienstfahrzeuge unerlaubt privat genutzt und in diesem Zusammenhang auch falsche Eintragungen in das Fahrtenbuch gemacht habe.

Die Klägerin hat vorgetragen,

die Kündigung sei mangels des Vorliegens eines wichtigen Grundes sowie wegen der Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB rechtsunwirksam. Herr R., einer ihrer Vorgesetzten, habe ihr am 31.05.2016 ihr Dienstfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY ausgehändigt mit der Bemerkung, dass auf das Fahrzeug "Meilen drauf müssten", weil es seit drei bis vier Wochen nicht bewegt worden sei und stehen würde. Die Klägerin habe Herrn R. in diesem Zusammenhang mehrfach gefragt, ob dies überhaupt erlaubt sei und ob ihr für die private Nutzung des Fahrzeugs ein prozentualer Anteil von ihrem Gehalt abgezogen werde. Herr R. habe ihr gegenüber daraufhin ausgeführt, die Genehmigung liege vor und von ihrem Gehalt werde nichts abgezogen werden, denn sie müsse immer einsatzbereit sein. Sie solle auf die Karte tanken und im Fahrtenbuch nicht ihren Heimatort eintragen, sondern Orte aus der "Vendors-List", einer Liste verschiedener Werkstätten, anstatt der tatsächlich durchgeführten Heimfahrten angeben. Sie solle auch nicht direkt vor ihrem Haus parken, sondern um die Ecke, was er selbst auch so praktiziere. Bei diesem Gespräch mit dem Zeugen R. sei auch der Zeuge H., ihr Lebensgefährte, anwesend gewesen. Dieser könne bestätigen, dass das der Klägerin vorgeworfene Verhalten letztlich "angeordnet" gewesen sei. Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist sei nicht gewahrt, denn die von der Beklagten als kündigungsrelevant angesehenen Tatsachen seien spätestens bei Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen des Herrn R. und des Herrn I.. am 25.08.2016 bekannt gewesen. Es sei deshalb unerklärlich, dass die Klägerin erst am 19.09.2016 zum Sachverhalt angehört und die Kündigung sodann erst am 28.09.2016 ausgesprochen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen ihr und den US-Streitkräften bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die seitens der Beschäftigungsdienststelle mit Schreiben ohne Datum, der Klägerin zugegangen am 28.09.2016, zum 30.09.2016 ausgesprochene außerordentliche Kündigung geendet hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

sie verfüge derzeit über keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wann der Kündigungsberechtigte von dem Kündigungssachverhalt erfahren habe. Das zivile Personalbüro sei am 12.09.2016 informiert worden. Man gehe davon aus, dass der Zeitpunkt, ab dem die Zwei-Wochen-Frist zum Ausspruch der fristlosen Kündigung zu laufen begonnen habe, das Datum der Anhörung der Klägerin, nämlich der 19.09.2016 gewesen sei.

Die außerordentliche Kündigung sei schließlich aus den im Kündigungsschreiben genannten Gründen gerechtfertigt. Es treffe nicht zu, dass der Zeuge R. gestattet habe, Dienstfahrzeuge für private Zwecke zu nutzen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R, und H.. Wegen des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 25.01.2017 (Bl. 87, 88 d. A.) und hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die...

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