Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenabwägung. Telefonierverhalten als Kündigungsgrund
Leitsatz (redaktionell)
Die Berufungskammer entnimmt der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (auch) in einem Fall des Betrugs zu Lasten des Arbeitgebers ein ausreichendes Gewicht beigemessen werden muss.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 12.11.2010; Aktenzeichen 10 Ca 1307/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 12.11.2010 – Az: 10 Ca 1307/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.762,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die am 23.06.1957 geborene Klägerin ist mit einer (anrechenbaren) Betriebszugehörigkeit seit dem 24.10.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Der Grad der Behinderung der Klägerin (GdB) beträgt 50. Mit dem Schreiben vom 24.06.2010 kündigte die Beklagte hilfsweise fristgerecht zum Ablauf des 31.12.2010. In dem Kündigungsschreiben (Bl. 13 f. d.A.) heißt es u. a.:
„…Sie sind aufgrund einer Abordnung beim Bereich Tiefbau (4-14) tätig und verfügen über einen dienstlichen Telefonanschluss. Aufgrund der vorliegenden Summen- und Einzelnachweise konnte festgestellt werden, dass in den Monaten Februar 2010 bis April 2010 sehr viele externe Telefonate mit Ihrem Diensttelefon geführt wurden. So wurden im Februar 2010 4 Stunden 41 Minuten, im März 3 Stunden 58 Minuten und im April 1 Stunde 56 Minuten extern telefoniert. Dafür entstanden der Stadt für den Monat Februar 2010 Kosten in Höhe von 25,82 EUR, für den Monat März 2010 Kosten in Höhe von 22,62 EUR und für den Monat April 2010 Kosten in Höhe von 1,71 EUR. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit beim Bereich Tiefbau besteht keinerlei Notwendigkeit für die Führung von Dienstgesprächen nach außen. Wir gehen deshalb davon aus, dass es sich um Privatgespräche handelt. Für das Führen von Privatgesprächen ist jedoch die Eingabe einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN) vorgeschrieben. Mit den entstandenen Telefonkosten wäre dann der Anrufer/die Anruferin belastet worden. Die Eingabe der PIN ist jedoch unterblieben.
Es besteht der dringende Verdacht, dass Sie Privatgespräche ohne Eingabe einer PIN zu Lasten der Stadt geführt haben. Die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensbasis ist damit dauerhaft zerstört. Es ist uns deshalb nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit Ihnen fortzusetzen …”.
Zuvor hatten sich folgende Vorgänge ereignet:
Mit dem Schreiben vom 27.01.2006 „Anlage 3” = Bl. 179 f. d.A.) erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung „wegen Nichterbringung von Arbeitsleistungen am 16.11.2005 in der Zeit von 9.20 Uhr bis 11.00 Uhr”. In dieser Abmahnung heißt es bezogen auf ein Gespräch der Mitarbeiterin Sch. (von der Mitarbeiteragentur) mit der Klägerin vom 16.11.2005 u.a.:
„… Plötzlich standen Sie auf und erklärten, dass das Gespräch für Sie jetzt beendet sei. Sie verließen das Zimmer gegen 8.40 Uhr und erklärten, dass Sie jetzt umgehend Ihren Dienst in der IGSLO wieder aufnehmen würden. … Unter Anlegung eines großzügigen Maßstabes räumten wir Ihnen 40 Minuten Wegezeit ein, d.h. Sie hätten spätestens um 9.20 Uhr den Dienst bei der IGSLO aufnehmen müssen. Nach Aussage der Beschäftigten im Sekretariat der IGSLO, Frau K.-B. und Frau Pf., sind Sie aber erst gegen 11.00 Uhr dort eingetroffen, also 2 ½ Stunden nach Ihrem Weggang von der Mitarbeiteragentur. Dies entschuldigten Sie gegenüber Frau Pf. damit, dass Sie einiges im Rathaus zu erledigen gehabt hätten …”.
Mit dem (weiteren) Schreiben vom 27.01.2006 „Anlage 4” = Bl. 181 f. d.A.) erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung „wegen eigenmächtiger Unterbrechung eines Mitarbeitergesprächs am 16.11.2005”. Diese Abmahnung bezieht sich auf das bereits eben erwähnte Gespräch vom 16.11.2005. In der Abmahnung heißt es u.a.:
„… Frau Sch. übergab Ihnen im Beisein von Herrn H. … zunächst drei an Sie adressierte Schreiben. … Bei einem der Schreiben sollten Sie auf dem beigefügten Empfangsbekenntnis bestätigen, dass Sie dieses erhalten haben. Sie nahmen das Schreiben zunächst an sich, weigerten sich jedoch, nachdem Sie den Inhalt gelesen hatten, das beigefügte Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Frau Sch. machte Sie darauf aufmerksam, dass Sie mit Ihrer Unterschrift nur den Empfang des Schreibens bestätigen würden ohne mit dem Inhalt einverstanden sein zu müssen. Nach kurzem Zögern verlangten Sie, dass Herr B. als Vertreter des Personalrates an dem weiteren Gesprächsverlauf teilnehmen sollte. Obwohl dazu aus unserer Sicht keine rechtliche Verpflichtung bestand, hat Frau Sch. versucht, Herrn B. telefonisch zu erreichen. Da dessen Anschluss besetzt war, wartete Frau Sch. auf seinen Rückruf. Plötzlich standen Sie auf und erklärten, dass das Gespräch für Sie jetzt beendet sei. Sie verließen das Zimmer gegen 8.40 Uhr und erklärten, dass Sie jetzt umgehend Ihren Dienst in der IG...