Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung. Personalrat. Wiederholungskündigung. Ordentliche Kündigung. Erforderlichkeit einer erneuten Beteiligung des Personalrats bei wiederholter Kündigung. Anhörung des Personalrats zur Wiederholungskündigung. unwirksame ordentliche Kündigung nach vorherigem Widerspruch des Personalrats gegen hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Arbeitgeber nach Beteiligung des Personalrats eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen, die dem Arbeitnehmer zugegangen ist, bedarf es vor Ausspruch einer neuen (weiteren) Kündigung einer erneuten Personalratsbeteiligung. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber nach zwischenzeitlicher Zustimmung des Integrationsamts die (zweite) Kündigung auf den gleichen Kündigungssachverhalt stützt.

 

Normenkette

PersVG-RP §§ 83, 83 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 15.09.2011; Aktenzeichen 10 Ca 1429/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 15.09.2011 - 10 Ca 1429/10 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20.07.2010 nicht aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

Die am 23. Juni 1957 geborene, verheiratete Klägerin wurde zum 24. Oktober 1996 vom Kommunalen Gebietsrechenzentrum L. eingestellt. Aufgrund eines Teilbetriebsübergangs wurde sie ab dem 1. Januar 2002 von der Beklagten weiterbeschäftigt und im Laufe der Zeit bei verschiedenen städtischen Organisationseinheiten eingesetzt. Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf Pflichtverletzungen der Klägerin ordentlich zum 31. März 2009 gekündigt. In dem wegen dieser Kündigung geführten Kündigungsschutzverfahren obsiegte die Klägerin (LAG Rheinland-Pfalz 25. August 2009 - 3 Sa 243/09 -). Danach wurde die Klägerin ab dem 21. September 2009 zunächst vorübergehend im Theater am Pfalzbau und ab dem 1. Dezember 2009 im Bereich Tiefbau eingesetzt. Im Bereich Tiefbau war sie für die Abteilung Verkehrstechnik mit dem Sortieren von Haushaltsunterlagen nach Haushaltsstellen, dem Abheften in Ordnern, dem Beschriften von Ordnern und Vorbereiten zum Archivieren, Kopierarbeiten, dem Ablegen von Vorschriften sowie anderen Ablagen befasst. In den Monaten Februar, März und April 2010 führte die Klägerin mit ihrem Diensttelefon externe Telefongespräche, ohne ihre PIN zu benutzen, wobei der Umfang der geführten Telefonate zwischen den Parteien streitig ist. In Bezug auf den Dienstapparat sind im Monat Februar Kosten in Höhe von 25,82 €, im März in Höhe von 22,62 € und im April 2010 in Höhe von 1,71 € angefallen.

Mit Schreiben vom 2. Juni 2010 (Bl. 71 - 75 d. A.) beantragte die Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Mit einem dem Personalrat am 8. Juni 2010 übergebenen Schreiben (Bl. 82 - 86 d.A.) wurde dieser zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Klägerin angehört. In dem Anhörungsschreiben heißt es u.a.:

"(...)

Außerdem haben wir für die beabsichtigte außerordentliche Verdachtskündigung, hilfsweise für die ordentliche Verdachtskündigung des Arbeitsverhältnisses die Zustimmung gemäß § 91 SGB IX bzw. 85 SGB IX beim Integrationsamt beantragt.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Integrationsamtes möchten wir eine außerordentliche Verdachtskündigung aussprechen. Dazu möchten wir Sie hören.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Integrationsamtes möchten wir hilfsweise auch eine ordentliche Verdachtskündigung aussprechen. Falls die Zustimmung des Integrationsamtes hierzu im Juni 2010 eingeht und die ordentliche Verdachtskündigung noch im Juni zugestellt werden kann, erfolgt diese zum 31.12.2010, anderenfalls zum 31.03.2011.

Wir bitten um Mitteilung, ob gegen die beabsichtigte hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung Einwendungen im Sinne des § 82 LPersVG erhoben werden."

In seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2010 (Bl. 87 d. A.) teilte der Personalrat der Beklagten mit, dass er von der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin Kenntnis genommen habe und für den Fall der Umdeutung in eine ordentliche Verdachtskündigung bzw. einer hilfsweisen ordentlichen Verdachtskündigung zum 31.12.2010 bzw. 31.03.2011 nicht zustimme; wegen der abgegebenen Begründung wird auf die Stellungnahme vom 8. Juni 2010 (Bl. 87 d. A.) verwiesen.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2010 erteilte das Integrationsamt die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Klägerin.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2010 (Bl. 88 d. A.) nahm der Personalrat erneut wie folgt Stellung:

...

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