Entscheidungsstichwort (Thema)
Videoüberwachung. Unterlassungsanspruch. Kein Beschäftigungsanspruch wegen Arbeitsunfähigkeit und Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Steht einem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ein Beschäftigungsanspruch nicht zu, besteht schon aus diesem Grund kein Unterlassungsanspruch bezüglich einer Videoüberwachung des Arbeitsplatzes.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, §§ 1004, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen 4 Ca 827/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.06.02 – Az.: 4 Ca 827/02 – wird kostenfällig zurück gewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich dagegen, dass sein Arbeitsplatz durch Videokameras einer ständigen Überwachung unterliegt. Er ist seit 01.05.1996 in einem Erotikfachgeschäft des Beklagten in L. als Filialleiter beschäftigt. Der Beklagte hat insgesamt fünf für den Kläger sichtbare Videokameras in der Filiale installiert.
Der Kläger sieht in der Videoüberwachung eine unzulässige Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und und verlangt die Entfernung der Überwachungsanlage.
Der Beklagte begründet die Installierung der Überwachungsanlage mit Inventurdifferenzen, die in der Höhe streitig sind, die aber nach Ansicht der Beklagten auf Diebstähle der Kundschaft oder auch des Personals zurückzuführen sind.
Der Kläger war vom Juni 2002 bis über den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hinaus arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 30.09.2002 hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Hilfsweise erklärte er die Kündigung fristgerecht zum 30.11.02. Er lehnt die Weiterbeschäftigung des Klägers über den Kündigungstermin ab.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Video- bzw. Web-Kameraüberwachung in den Geschäftsräumen der Firma A. & Co, L., 6 L., zu unterlassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat durch Urteil vom 06.06.2002 die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 4.000,00 EURO festgesetzt.
Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Der Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69, II ArbGG abgesehen; insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
I.
Der Kläger hat seine nach der Höhe der Beschwer an sich statthafte Berufung innerhalb der gesetzlichen Fristen formgerecht eingelegt und begründet. Das damit zwar zulässige Rechtsmittel zeitigt in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Dies ergibt sich aus den nachstehend gem. § 313, III ZPO in kurzer Zusammenfassung widergegebenen Erwägungen:
1.
Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Installierung einer Überwachungsanlage einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der überwachten Arbeitnemer darstellen kann. Im Allgemeinen ist die Videoüberwachung deshalb nur zulässig, wenn Arbeitgeberinteressen tangiert sind, die nach einer umfassenden Interessenabwägung den Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verdienen. Dies kann der Fall sein, wenndie Überwachung dazu dient, einen konkreten Tatverdacht gegen Kunden oder Personal zu erhärten.
Das Arbeitsgericht dürfte zutreffend davon ausgegangen sein, dass nach diesen Kriterien die rechtlichen Voraussetzungen für die Installierung einer Überwachungskamera gegeben waren. Dies bedarf jedoch letztlich hier keiner Entscheidung. Der Kläger hat jedenfalls zur Zeit keinen Anspruch auf die Unterlassung der Kameraüberwachung.
2.
Die Überwachungsanlage greift gegenwärtig und auf nicht absehbare Zeit nicht in die Persönlichkeitsrechte des Klägers ein, da er der Überwachung nicht ausgesetzt ist. Für die Geltendmachung etwaiger Rechte Dritter aber fehlt dem Kläger die Legitimation.
Der Kläger wird derzeit nicht beschäftigt aufgrund seiner fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit. Die von dem Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung schließt ferner einen Beschäftigungsanspruch aus, solange die Unwirksamkeit der Kündigungnicht gerichtlich festgestellt ist (BAG, 27.02.1985 EZA Nr. 9 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam wäre; die offensichtlich unwirksame Kündigung entfaltet grundsätzlich keine Rechtswirkungen, lässt also auch den allgemeinen vertraglichen Beschäftigungsanspruch unberührt (vgl. Schäfer, Der einstweilige Rechtsschutz im Arbeitsrecht 1996, RZ 76). Der Beklagte hat jedoch Kündigungsgründe dargelegt, die zumindest die ordentliche Kündigung zu rechtfertigen geeignet sind. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die ...