rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, außerordentliche. Unkündbarkeit, tarifliche. außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung. tarifliche Unkündbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Auch Krankheit kann eine außerordentliche Kündigung ausnahmsweise rechtfertigen, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.
Bei einer außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung ist der schon bei ordentlicher Kündigung zu beachtende strenge Prüfungsmaßstab auf allen drei Prüfungsebenen erheblich verschärft, um den hohen Anforderungen Rechnung zu tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind.
Normenkette
BGB § 626 I; TVL § 34 II
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen 11 Ca 1484/08) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 07.05.2009, Az.: 11 Ca 1484/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf Basis einer personenbedingten außerordentlichen Kündigung des beklagten Landes mit Datum vom 07.11.2008, dem Kläger am 11.11.2008 zugegangen, mit sozialer Auslauffrist bis 30.06.09.
Der am 31.07.1963 geborene, ledige Kläger ist ab dem 01.08.1982 zur Ausbildung bei dem Beklagten eingestellt worden und seit dem 03.07.1985 nach Beendigung der Ausbildung als Straßenwärter beim Straßenbauamt Z beschäftigt worden.
Paragraph 2 des Arbeitsvertrages der Parteien sieht vor, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter der Länder (MTL-II) vom 27.02.1964 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen richtet (Bl. 6 d.A.).
Das beklagte Land versetzte den Kläger zum 01.03.2007 von der Straßenmeisterei Y zur Straßenmeisterei A-Stadt. Ab dem 06.03.2007 nahm der Kläger auf Drängen des beklagten Landes bei dem Diplom-Psychologen X eine ambulante psychotherapeutische Therapie in Anspruch, im Rahmen derer er Therapietermine zwischen dem 06.03.2007 und 05.01.2009 (Bl. 76 d.A.) wahrnahm.
Im Kalenderjahr 2008 war der Kläger an 144 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 115 d.A.).
Auf Erteilung einer Abmahnung im Februar 2008 hat das beklagte Land verzichtet.
Im Juli 2008 wurde der Kläger auf Veranlassung des beklagten Landes auf seine Dienstfähigkeit amtsärztlich untersucht. Im Rahmen dessen wurde ein fachärztliches Gutachten durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W aus V erstattet (Bl. 42 – 63 d.A.). Bezugnehmend auf dieses Gutachten hat die Kreisverwaltung U in V mit Schreiben vom 01.10.2008 dem beklagten Land auszugsweise nachfolgendes mitgeteilt (Bl. 40 und 41 d.A.)
„…
Aus psychiatrischer Sicht soll eine weitere Beschäftigung von Herrn F. in den Tätigkeitsbereichen mit Eigen-/oder Fremdgefährdung oder Verantwortung für Personen und Gegenstände vermieden werden, da eine Verhaltensänderung nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der fachärztlichen Begutachtung ist Herr F. aus amtsärztlicher Sicht zukünftig nicht geeignet, seine Tätigkeiten als Straßenwärter auszuüben.
…”
Zuvor war der Kläger zumindest mit folgenden Verhaltensweisen (von den Parteien im Berufungsverfahren unstreitig gestellt), auffällig geworden:
Am 28.02.2008 hat der Kläger, entgegen den Erfordernissen, den ihm zugewiesenen Schutzhelm bei der Arbeitsleistung nicht getragen.
Am 20.11.2007 während der Durchführung von Gehölzpflegemaßnahmen an der B bei T hat der Kläger ein Stück Holz in Richtung eines Häckslers geworfen, wodurch nebenstehende Kollegen gefährdet worden sind.
Darüber hinaus hat der Kläger am 20.11.2007 bei den genannten Gehölzpflegemaßnahmen einem Kollegen, der gerade mit der Motorsäge hantierte, Äste unter den Füßen weggezogen.
Mit Schreiben vom 24.10.2008 (Bl. 64 bis 67 d.A.) unterrichtete das beklagte Land den Gesamtpersonalrat über seine Absicht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist aus personenbedingten Gründen zu kündigen. Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates antwortete mit Schreiben vom 07.11.2008 (Bl. 68 d.A.) worauf nachmals eine Erläuterung des beklagten Landes mit E-Mail vom 10.11.2008 (Bl. 69 d.A.) erfolgte.
Mit Schreiben vom 07.11.2008, dem Kläger am 11.11.2008 zugegangen kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich unter Einräumung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum 30.06.2009.
Mit Schriftsatz vom 28.11.2008 am gleichen Tage beim Arbeitsgericht Mainz eingegangen, dem beklagten Land am 08.12.2008 zugestellt, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,
bis auf die einmalige Verfehlung mit dem Helm am 28.02.008 müssten alle weiteren Verfehlungen bestritten werden, diese seien unsubstantiiert vorgetragen. Der Kläger sei aufgrund Differenzen mit dem beklagten Land und der persönlichen Belastung aufgrund Krankheit der Mutter, Pflege des Vaters und der heimischen Nebener...