Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsauslegung. Tantieme
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tantieme gehört zu den Vergütungsbestandteilen, die in das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn” einbezogen sind. Sie ist Arbeitsentgelt i.S.v. § 611 S. 1 BGB und keine Gratifikation, die ohne Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu zahlen ist.
2. Sie wird als Gewinnbeteiligung regelmäßig einzelnen Arbeitnehmern, insbesondere leitenden Angestellten zugesagt, um sie zu motivieren, sich für das Unternehmen besonders nachhaltig einzusetzen. Sie ist eine Erfolgsvergütung, mit der die besonderen Leistungen des Arbeitnehmers für das Geschäftsergebnis, also den wirtschaftlichen Ertrag, honoriert werden und die als zusätzliches Entgelt zu den sonstigen Bezügen hinzutritt. Fehlt die Arbeitsleistung in dem für die Rechnung der Tantieme maßgeblichen Zeitraum, besteht kein Grund den Arbeitnehmer trotzdem am Gewinn zu beteiligen.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 1713/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.04.2009 – 1 Ca 1713/08 – abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restliche Tantiemezahlungen.
Der am 15.05.1965 geborene Kläger war seit 01.07.1981 bei der Beklagten beschäftigt. Er war als Abteilungsleiter Technik eingesetzt mit dem Aufgabenbereich Leitung des Außendienstes und Leitung des Betriebslagers. Vereinbart war ein Monatsgehalt von 8.000,00 DM.
Im Sommer 2007 endete die langjährige nichteheliche Lebensgemeinschaft des Klägers mit der Schwester des Geschäftsführers der Beklagten, Frau M. E. Aus dieser nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist ein 14-jähriger Sohn hervorgegangen.
Unter dem 02.01.1998 schloss die Beklagte als Arbeitgeberin mit dem Kläger und Frau M. E.
als Arbeitnehmer eine Tantiemevereinbarung, die wie folgt lautet:
„… wird folgende Tantieme für das Kalenderjahr 1998 vereinbart:
Von dem Jahresergebnis vor Ertragssteuern (Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) ist eine Tantieme laut folgender Staffelung zu berechnen:
Gewinn |
0,00 DM bis 100.000,00 DM |
0 % |
Gewinn |
100.001,00 DM bis 200.000,00 DM |
2 % |
Gewinn |
200.001,00 DM bis 300.000,00 DM |
4 % |
Gewinn ab |
300.001,00 DM |
6% |
Diese Vereinbarung gilt zunächst auch für die Folgejahre.”
Das Arbeitsverhältnis ist zwischen den Parteien beendet aufgrund einer fristgerechten ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 29.08.2007 zum 29.02.2008.
Der Kläger war seit dem 06.06.2007 bis Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt. Er macht auch klageweise gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente geltend, wobei die Versicherung den Beginn der Berufsunfähigkeit mit dem 01.07.2007 festgestellt hatte.
Nachdem die Beklagte im Dezember 2008 zur Berechnung der Tantieme für das Kalenderjahr 2007 mitgeteilt hatte, es sei ein Jahresüberschuss vor Abzug von Ertragssteuern in Höhe von 408.634,16 EUR erwirtschaftet worden und sich eine Tantieme von 18.382,57 EUR errechnet und die Hälfte dieses Betrages zeitanteilig für die ersten sechs Monate des Jahres 2007 in Höhe von 9.191,29 EUR brutto ausgezahlt hat, hat der Kläger die Zahlung der zweiten Hälfte geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, für das Jahr 2007 stehe ihm die volle Tantieme zu, weil die Tantiemevereinbarung Gehaltsbestandteil sei und keine Einschränkungen weder in Bezug auf irgendwelche vom Kläger zu erreichenden Ziele noch in Bezug auf den Wegfall der Tantieme bei Arbeitsunfähigkeit enthalte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.191,29 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung (das ist seit 06.01.2009) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Tantieme sei Arbeitsentgelt und werde als Lohnbestandteil dafür gewährt, dass der Beschäftigte durch seine Leistung das Betriebsergebnis positiv beeinflusse. Der Kläger sei bei der Beklagten als Zeltmeister eingesetzt worden, seine Aufgabe sei es gewesen, die 10 Arbeitnehmer zur Arbeit einzuteilen und die diversen Baustellen vor Ort zu leiten. Die Aufgabenerteilung des Klägers sei immer ad hoc erfolgt.
Er habe keinerlei Aufgaben verrichtet, die eine Langzeitwirkung hätten entfalten können. Das Betriebsergebnis im zweiten Halbjahr sei demgemäß nicht beeinflusst worden durch die Arbeitsleistung des Klägers im ersten Kalenderhalbjahr. Während der Erkrankung des Klägers habe ein anderer Arbeitnehmer seine Tätigkeit übernommen. Fehle jedoch jegliche Arbeitsleistung im zweiten Halbjahr, so bestehe kein Grund, den Arbeitnehmer trotzdem am Gewinn zu beteiligen.
Weiter hat die Beklagte geltend gemacht, Grundlage der Tantiemevereinbarung seien die familiären Beziehungen zwischen dem Kläger einerseits und der Familie E. andererseits gewesen. Durch die Tantiemezahlung habe dem Kläger und seiner Lebensgefährtin sowie...