Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsmittel. Kündigung, außerordentliche. Pflichtverletzung. Schadensersatz. Vertrauensbruch. Vorschuss. Zurückbehaltungsrecht. außerordentliche Kündigung. Beiseiteschaffen eines Fitnessgeräts
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Verhalten eines Arbeitnehmers, sich unberechtigt Waren aus dem Bestand seines Arbeitgebers zu entnehmen, rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer Untergebene zur Ausführungshandlung bestimmt und dabei seine Vorgesetztenfunktion missbraucht.
2. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, ihm zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel zurückzugeben. Auf jeden Fall hat er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm überlassenen Arbeitsmittel herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB wegen anderer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis besteht nach einhelliger Ansicht regelmäßig nicht.
Normenkette
BGB §§ 273, 626 Abs. 1-2, § 985
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 25.01.2011; Aktenzeichen 8 Ca 1536/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.01.2011, Az.: 8 Ca 1536/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt,
der Beklagten den Laptop der Marke T., Modell U. E4300 mit der Seriennummer XXXX sowie den Drucker der Marke S., Typ T. mit der Artikelnummer XXXXX herauszugeben,
an die Beklagte EUR 6.459,46 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 41.419,46 festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 28.06.2010 und vom 02.08.2010 sowie auf die Widerklage über Auskunfts-, Herausgabe- und Zahlungsansprüche der Beklagten.
Der am 05.07.1958 geborene, verheiratete Kläger ist mit einem GdB von 40 behindert. Er war seit dem 01.07.2005 bei der Beklagten, zuletzt als Regional Sales Manager für Süddeutschland zu einem Bruttogehalt von EUR 4.800,00 beschäftigt. Ihm wurde ein 13. Monatsgehalt sowie ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung gewährt, dessen geldwerter Vorteil mit EUR 365,00 zu versteuern war. Zusätzlich erhielt er Erfolgsprämien, die er für 2010 mit EUR 15.200,00 prognostizierte. Die Beklagte ist ein Anbieter von Fitness- und Wellnessgeräten; sie beschäftigt ca. 75 Arbeitnehmer.
Im letzten Quartal 2009 verkaufte die Beklagte ihrer Kundin Z. in Y-Stadt mehrere Dutzend Neugeräte. Die Gebrauchtgeräte, die sie der Kundin im Jahr 2005 geliefert hatte, nahm sie in Zahlung. Diese Geräte verkaufte sie an ein Fitnesshaus in X-Stadt. Sowohl der Kläger als auch der ihm unterstellte Area Manager A., der am 01.07.2009 neu eingestellt worden war, waren mit diesem Großgeschäft befasst. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger den Zeugen A. genötigt hat, für ihn eine gebrauchte Trainingsbank (W.) zu unterschlagen.
Mit Schreiben vom 28.06.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 15.07.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Mit Schreiben vom 02.08.2010 kündigte die Beklagte erneut fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Hiergegen richtet sich die Klageerweiterung vom 04.08.2010. Mit ihrer Widerklage vom 07.10.2010 macht die Beklagte die Herausgabe von Firmenlaptop- und drucker geltend. Außerdem begehrt sie im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung der Privatgespräche des Klägers mit dem Firmenhandy. Des Weiteren verlangt sie Schadensersatz für einen Schaden am ersten Dienstwagen des Klägers in Höhe von EUR 1.046,09 und am zweiten Dienstwagen in Höhe von EUR 3.958,00. Da der Kläger den Laptop nicht zurückgegeben hat, macht sie Schadensersatz in Höhe von EUR 955,37 für die Anschaffung eines Ersatzgeräts geltend. Schließlich verlangt sie den Reisekostenvorschuss für Mai 2010 in Höhe von EUR 500,00 zurück.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.01.2011 (dort Seite 2-12 = Bl. 339-350 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 28.06.2010, zugegangen am 29.06.2010, nicht aufgelöst worden ist,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 02.08.2010, zugegangen am 03.08.2010, nicht aufgelöst worden ist,
für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisheri...