Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheit. Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Einmalig aufgetretene und länger zurückliegende Erkrankungen des Arbeitnehmers sind bei einer krankheitsbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen nicht Prognose relevant.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 06.09.2005; Aktenzeichen 9 Ca 1194/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 06.09.2005, Az.: 9 Ca 1194/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen.

Der am 22.05.1968 geborene, verheiratete und einem minderjährigen Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, die in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, seit dem 20.07.2000 als Kommissionierer beschäftigt.

Im Jahr 2001 war der Kläger an insgesamt 12, im Jahr 2002 an 50, im Jahr 2003 an 44 und im Jahr 2004 (bis einschließlich 26.03.2004) an 26 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Während dieses Gesamtzeitraumes erbrachte die Beklagte an den Kläger Entgeltfortzahlung (ohne Berücksichtigung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung) in Höhe von insgesamt 9.752,62 EUR. Hinsichtlich der Krankheitszeiten, den den Erkrankungen zugrunde liegenden ärztlichen Diagnosen und den Entgeltfortzahlungskosten im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.09.2005 (dort S. 3 = Bl. 275 d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23.04.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.05.2004. Gegen diese Kündigung richtete sich die vom Kläger am 30.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage.

Nach Kündigungsausspruch war der Kläger erneut in der Zeit vom 26.04. bis einschließlich 28.05.2004 (25 Arbeitstage) an Lumboischialogie arbeitsunfähig erkrankt. Diesbezüglich erbrachte die Beklagte Entgeltfortzahlung für insgesamt 20 Arbeitstage, nämlich für die Zeit bis einschließlich 21.05.2004, in Höhe von 1.612,20 EUR (ohne Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung).

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin mit Schreiben vom 29.07.2004 (nochmals) ordentlich zum 31.08.2004. Gegen diese Kündigung hat der Kläger am 13.08.2004 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht.

Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, mit weiteren Fehlzeiten sei in Zukunft nicht mehr zu rechnen, da die Krankheiten, welche für die Fehlzeiten in der Vergangenheit ursächlich gewesen seien, nach Auskunft der behandelnden Ärzte ausgeheilt seien. Bei dem Leistenbruch handele es sich zudem um eine einmalige Erkrankung. Hinsichtlich der Erkältungen und dem Rückenleiden müssten zudem die betrieblichen Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden. Diese seien für die aufgetretenen Rückenerkrankungen zumindest mitursächlich.

Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristgemäße Kündigung vom 23. April 2004 aufgelöst worden ist,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristgemäße Kündigung vom 29. Juli 2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, dass auch in Zukunft mit weiteren erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers und den damit einhergehenden Entgeltfortzahlungskosten gerechnet werden müsse. Neben den wirtschaftlichen Belastungen durch die Entgeltfortzahlung sei es auch zu betrieblichen Beeinträchtigungen gekommen, weil andere Arbeitnehmer die Tätigkeit des Klägers hätten erledigen müssen, was zu einer erheblichen Belastung der betroffenen Arbeitnehmer führe. Die häufigen Fehlzeiten führten zudem zu einer nicht mehr zumutbaren Planungsunsicherheit. Das Rückenleiden des Klägers sei zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht ausgeheilt gewesen, was auch durch die erneute Erkrankung ab dem 26.04.2004 belegt werde.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Zeugenaussagen der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. K., Dr. L. und Dr. M. sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Zeugenaussagen (Bl. 145 f., 153, 154 ff. d. A.) sowie auf den Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 27.06.2005 (Bl. 209 – 218 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.09.2005 stattgegeben. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 bis 15 dieses Urteils (= Bl. 279 bis 287 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 07.10.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.11.2005 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 05.12.2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 21.12.2005 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft ohne Durchführung einer Beweisaufn...

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