Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsverhältnis. Verdachtskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Kammer lässt offen, ob und in welchem Rahmen in einem Berufsausbildungsverhältnis Verdachtskündigungen zulässig sind. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass Verdachtskündigungen im Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich nicht zulässig sind und eine solche nur in einem sehr engen Rahmen als denkbare Ausnahme möglich ist, wenn der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis zwischen den Vertragspartnern erfordert.

 

Normenkette

BBiG § 22 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 17.10.2006; Aktenzeichen 7 Ca 594/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 17. Oktober 2006, Az.: 7 Ca 594/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ihres zwischenzeitlich nach Bestehen der Abschlussprüfung am 04.07.2006 beendeten Ausbildungsverhältnisses sowie über Zahlungsansprüche der Klägerin.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 17.10.2006, Az.: 7 Ca 594/06 (Bl. 90 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis nicht durch die außerordentliche (fristlose) Kündigung der Beklagten vom 08.03.2006 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 04.07.2006 fortbestanden hat. Zugleich hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Anmelde- und Prüfungsgebühren in Höhe von 204,– EUR zu erstatten. Ferner ist die Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin Ausbildungsvergütung für den Monat 2006 in Höhe von 383,09 EUR brutto sowie für den Monat März 2006 in Höhe von 181,59 EUR brutto, jeweils nebst Zinsen zu zahlen.

Zur Darstellung der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils verwiesen.

Gegen dieses, ihr am 14.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 15.01.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 16.02.2007 bis zum 14.03.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 09.03.2007 begründet.

Mit ihrer Berufungsbegründung gemäß Schriftsatz vom 09.03.2007, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 138 ff. d. A.), macht die Beklagte im Wesentlichen zusammengefasst geltend:

Unter Berücksichtigung bereits ihres erstinstanzlichen Sachvortrags bestehe gegen die Klägerin der Verdacht, diese habe einen von dem amerikanischen Kunden F. angezahlten Betrag in Höhe von 500,– EUR selbst vereinnahmt. Auch die Kündigungserklärungsfrist des § 22 Abs. 4 BBiG sei gewahrt. Erst anlässlich eines Telefonats in der letzten Februar-Woche 2006 mit dem Dolmetscher des Kunden F., Herrn H., habe dieser dem Geschäftsführer der Beklagten K. mitgeteilt, dass der Kunde F. sich auf die geleistete Anzahlung in Höhe von 500,– EUR berufe. Vorher hätten die Geschäftsführer der Beklagten von der geleisteten Anzahlung keine Kenntnis gehabt. Eine Kenntnis hierüber hätten sie frühestens am 20.02.2006 erlangt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 17. Oktober 2006, Az.: 7 Ca 594/06 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 21.03.2007, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 152 ff. d. A.) für zutreffend. Sie rügt den Sachvortrag der Beklagten hinsichtlich der Kenntniserlangung aufgrund des Telefonats mit dem Dolmetscher des Kunden F. als verspätet. Die Beklagte hätte bereits erstinstanzlich den Dolmetscher als Zeugen benennen können. Die Klägerin bestreitet zudem, dass es zu derartigen Telefonaten mit dem Dolmetscher gekommen sei. Sie ist der Auffassung, Verdachtskündigungen seien im Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich unzulässig. Sie sei während ihres Ausbildungsverhältnisses nicht dauernd mit Aufgaben betraut gewesen, die eine besondere Vertrauensstellung erforderten. Sie habe nach dem 06.02.2006 keine Verfügungsmöglichkeit über die Kasse mehr inne gehabt und hätte bis zum Ende ihrer Ausbildung anderweitig beschäftigt werden können. Auch ein dringender objektiver Verdacht habe nicht bestanden. Sie habe nicht als Einzige Zugang zur Kasse gehabt. Jedenfalls müsse die erforderliche Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen, da sie zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung kurz vor ihren Abschlussprüfungen gestanden habe.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist...

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