Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweistufige Prüfung des wichtigen Grunds in § 626 BGB. Beharrliche Arbeitsverweigerung als fristloser Kündigungsgrund. Fristlose Kündigung nach einschlägiger Abmahnung. Kein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an der Erbringung seiner Arbeitsleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die fristlose Kündigung ist rechtmäßig und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar, wenn der Arbeitnehmer beharrlich die Pflicht zur Arbeit verweigert.
2. Dem Arbeitnehmer steht kein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeit zu, wenn Sozialabgaben durch den Arbeitgeber nicht abgeführt worden sind.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1-2; ArbGG § 69 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 19.12.2019; Aktenzeichen 3 Ca 690/19) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.12.2019 - Az.: 3 Ca 690/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer arbeitgeberseitigen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung in der Probezeit sein Ende gefunden hat, oder aber nicht, sowie darüber, ob der Kläger die Weiterbeschäftigung von der Beklagten verlangen kann.
Der Kläger war seit dem 10.12.2018 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.01.2019, hinsichtlich des weiteren Inhalts auf Bl. 26 ff. d. A. Bezug genommen wird, bei der Beklagten als Sicherheitsmitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von ca. 2.332,20 € beschäftigt. Die Tätigkeit bestand in der Überwachung eines Asylwohnheims. Die Beklagte beschäftigt ständig mehr als zehn Arbeitnehmer. Am 23.04.2019, dem Kläger zugegangen am 24.04.2019, hat die Beklagte die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 07.05.2019 erklärt; hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 32 d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat vorgetragen,
ausweislich der von ihm von der Beklagten erwarteten Unterschrift unter Protokolle sei er teilweise als Schichtleiter eingesetzt worden und deshalb verantwortlich gewesen für Tätigkeiten gegenüber der Polizei, der Feuerwehr oder Rettungswagen. Er habe Mitte April herausgefunden, dass seine Kollegen, die er teilweise als Schichtführer auch angeleitet habe, größtenteils schwarz beschäftigt worden seien oder falsche Identitäten geführt hätten. Er habe deshalb am 17.04.2019 seinem Arbeitgeber mitgeteilt, dass er weiterhin seine Arbeitskraft anbiete, jedoch nicht weiter mit den entsprechenden Kollegen zusammenarbeiten könne, da er sich nicht strafbar machen wolle. Der Kläger hat insoweit auf sein eigenes Fax Bezug genommen, dass das Datum des 18.04.2019 trägt und hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 76 d. A. Bezug genommen wird. Er sei daraufhin nicht mehr zur Arbeit erschienen, da der Arbeitgeber keine Änderungen des Schichtplanes trotz seines Schreibens vorgenommen habe.
Die Kündigung des Beklagten sei als Maßregelungskündigung zu verstehen, die zudem treuwidrig sei. Es seien Fehler bei dem Einsatz von Arbeitnehmern, die nicht ordnungsgemäß angemeldet gewesen seien, gegeben, ferner Abrechnungsfehler der Beklagten gegenüber der beauftragenden Stadt und die Verwendung eines falschen Namens durch einen eingesetzten Mitarbeiter bei Abzeichnung der Protokolle u.a.m.; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 17 ff. d. A. (Schriftsatz vom 15.05.2019), Bl. 86 ff. d. A. (Schriftsatz vom 30.07.2019) und Bl. 112 ff. d.A. (Schriftsatz vom 18.09.2019) Bezug genommen.
Entsprechend dem Antrag des Klägers ist gegenüber der im Kammertermin vom 24.09.2019 unentschuldigt trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienenen Beklagten ein Versäumnisurteil mit folgendem Tenor ergangen:
I.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung vom 23.04.2019, zugegangen am 24.04.2019, nicht aufgelöst worden ist.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag vom 02.01.2019 geregelten Arbeitsbedingungen über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
V.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 11.661,00 festgesetzt.
Gegen das ihr am 07.10.2019 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte noch am gleichen Tag (07.10.2019) Einspruch erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.09.2019 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
der Kläger habe keine Schichtleiterfunktion gehabt, sondern sei entsprechend seinem Arbeitsvertrag lediglich als Sicherheitsmitarbeiter eingesetzt worden. Das Protokollbuch werde von allen Mit...