Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerte Anrufungsfrist für Kündigungsschutzklage gegen Änderungskündigung im Rahmen rechtzeitig erhobener Änderungsschutzklage
Leitsatz (amtlich)
§ 6 KSchG findet auch in seiner seit 2004 geltenden Neufassung analoge Anwendung, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 4 KSchG Änderungsschutzklage erhebt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz hilfsweise die streitige Änderungskündigung mittels Kündigungsschutzklage angreift.
Normenkette
KSchG §§ 6, 2, 6 S. 1, § 4
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Entscheidung vom 07.05.2013; Aktenzeichen 1 Ca 2036/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 07.05.2013 - 1 Ca 2036/10 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien zu je ½.
Die Revision wird für die Beklagte, jedoch nicht für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Änderungskündigung, einschließlich der Frage, ob dieser Beendigungswirkung zukommt.
Der Kläger ist seit 01.08.2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der AG (zunächst) als Eventberater tätig. Zum Jahresende 2009 wurde diese Gesellschaft auf die GmbH & Co. KG - die alleinige Beklagte - verschmolzen, die nunmehr als GmbH & Co. KG firmiert.
Der Arbeitsvertrag der Parteien bestimmt (auszugsweise):
"§ 3. Art und Umfang der Tätigkeit
... Ein Anspruch auf Beibehaltung des Dienstortes besteht nicht.
...
§ 6. Vergütung
(1) Die Vergütung wird in einer gesonderten Anlage zu diesem Vertrag geregelt." ...
Am 01.01.2003 übernahm der Kläger die Aufgabe eines Mediaberaters. In der "Anlage gemäß § 17 Allgemeines zum Anstellungsvertrag" wurde in § 6 "Vergütung" bestimmt:
"Der Mitarbeiter erhält ab dem 01. Januar 2003 ein monatliches Fixum von 1.124,85 €.
Damit entfällt die Provisionsvereinbarung vom 30. Juli 2001.
Alle anderen Punkte des Anstellungsvertrages vom 25. Juli 2001 bleiben unberührt."
Der Mediaberater hat bei der Beklagten folgende Arbeitspflichten zu erfüllen:
- Verkauf von Werbezeiten, Veranstaltungen, Spotproduktionen;
- Kundenakquise;
- Betreuung und Beratung neuer sowie bestehender Kunden;
- Telefonmarketing;
- Erstellen von Präsentationen und Angeboten;
- Verkauf von Senderprodukten und
- Umsetzen von Marktstrategien
In den Jahren 2003 - 2007 unterzeichneten die Parteien jährlich Provisionsvereinbarungen "Auf der Grundlage der abgelaufenen Periode, der Umsätze des Jahres ... und der Kundenzuordnung ...". Ebenso unterzeichneten sie von 2004 bis 2007 jährlich eine "Anlage zur Provisionsvereinbarung (Jahreszahl) Bonusvereinbarung". In den Jahren 2003 bis 2005 unterzeichneten sie weiter einen mehrseitigen "Zusatz zur Provisionsvereinbarung (Jahreszahl)". Während in den Jahren 2003 und 2004 unter 1) geregelt war: "Provisionssatz, Forecast und Verkaufsbereich/-gebiet gelten bis zum 31.12.2003. Gleiches gilt für die Provisions- und Forecastregelungen.", wurde in 2005 bestimmt: "Provisionssatz, Forecast und Verkaufsbereich/-gebiet gelten bis zum Inkrafttreten einer neuen Regelung. Gleiches gilt für die Provisions- und Forecastregelungen.". Unter Punkt 1) e) wurde weiter bestimmt: "Provision auf Gegengeschäfte werden nicht gezahlt."
Seit Aufnahme der Tätigkeit als Mediaberater war das vereinbarte Verkaufsgebiet des Klägers die Stadt M.
Am 18.01.2005 wurde eine weitere "Anlage zum Anstellungsvertrag" unterzeichnet:
"§ 3 Art und Umfang der Tätigkeit
Der Mitarbeiter übernimmt ab 01. Januar 2005 die Funktion des Teamleiters für die Mediaberater F und N.
Alle anderen Punkte aus dem Anstellungsvertrag vom 25. Juli 2001 und der Anlage zum Anstellungsvertrag vom 01. Januar 2003 bleiben unberührt."
Am 31. Januar 2006 unterzeichneten die Parteien eine weitere "Anlage zum Anstellungsvertrag":
"§ 3 Art und Umfang der Tätigkeit
Der Mitarbeiter übernimmt ab 01. Januar 2006 in seine Teamleitung den Mediaberater J.
§ 6 Vergütung
Der Mitarbeiter erhält ab dem 01. Januar 2006 ein monatliches Fixum von € 1.800,00 (in Worten: eintausendachthundert Euro).
Alle anderen Punkte aus dem Anstellungsvertrag vom 25. Juli 2001, der Anlage zum Anstellungsvertrag vom 01. Januar 2003 und der Anlage zum Anstellungsvertrag vom 18. Januar 2005 bleiben unberührt."
Das durchschnittliche monatliche Entgelt des Klägers belief sich zuletzt auf 6.810,93 EUR brutto. Ohne schriftliche Vereinbarung war dem Kläger zur Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben außerdem ein Dienstwagen zur beruflichen und privaten Nutzung überlassen worden (Listenpreis 2008: 31.650,00 EUR). Die Aufwendungen für diese Nutzung trug die Beklagte. Außerdem war für den Kläger eine betriebliche Altersversorgung durch Gehaltsumwandlung abgeschlossen worden.
Im I. Quartal 2008 führten die Parteien mehrere Gespräche über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger als Mediaberater zu den für Mediaberater gültigen Arbeitsbedingungen. Eine Einigung wurde nicht erzielt. Mit Schreiben vom 02.04.2008 kündigte die Beklagte daraufhin das ...