Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Urteil vom 19.01.1995; Aktenzeichen 4 Ca 3304/94)

 

Tenor

Auf die Berufung wird dasUrteil desArbG Magdeburg vom19.01.1995 – 4 Ca 3304/94 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.06.1994 nicht mit dem 30.09.1994 aufgelöst wurde, sondern erst mit dem 31.01.1995.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 2/3 der Kläger und zu 1/3 die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 28.06.1994 zum 30.09.1994.

Der Kläger (geboren am 02.06.1945, verheiratet, 1 Kind) war seit dem 02.05.1966 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der ehemaligen DDR als Schlosser/Industriemechaniker im Bereich der Instandhaltung zu einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von zuletzt 2.845,00 DM beschäftigt.

Die Beklagte hat als ein Unternehmen des Maschinenbaues seit 1990 einen Umsatzrückgang von 700 Millionen DM auf 226 Millionen DM im Jahre 1993 zu verzeichnen. Im Zuge einer geplanten Personalanpassung von ca. 10.000 Arbeitnehmern im Jahre 1990 auf 1.800 Arbeitnehmer im Juli 1994 entschloß sie sich, die bislang in jeder Betriebsstätte bestehenden Instandhaltungsabteilungen mit insgesamt 69 Arbeitnehmern in einer Abteilung mit 14 Arbeitnehmern zu konzentrieren und einen Teil der Instandhaltungskapazität im Wege einer Privatisierung auszugliedern. Gleichzeitig reduzierte sie in der Produktion die Zahl der bislang eingesetzten konventionellen Blechbearbeitungsmaschinen. Deren Wartung und Instandsetzung übertrug sie den ansonsten für CNC-gesteuerte Maschinen zuständigen Mechanikern.

Der Kläger war vornehmlich mit Instandhaltungsarbeiten an herkömmlichen Blechbearbeitungsmaschinen wie Brennmaschine, Richt- und Abkantmaschine, Scheren, Strahl- und Konservierungsanlagen befaßt. An CNC-gesteuerten Anlagen hat er nicht gearbeitet. Die Parteien streiten darüber, welche Zeit und welcher Schulungsaufwand erforderlich sind, um den Kläger in die Lage zu versetzen, CNC-gesteuerte Maschinen zu warten und instand zu setzen.

Mit Zustimmung des Betriebsrates überführte die Beklagte den Kläger ab dem 01.02.1994 in einen gemäß § 63 Abs. 4 AFG gebildeten Personaleinsatzbetrieb. Ab diesem Zeitpunkt befand er sich in Kurzarbeit mit 0 Stunden. Ein Angebot der Beklagten zur Vermittlung in eine Beschäftigung bei der Gesellschaft für … mbH lehnte der Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attestes ab.

Mit Schreiben vom 06.06.1994 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung zum 30.09.1994 an. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung. Auf ein erneutes Anhörungsschreiben vom 20.06.1994 meldete er unter dem 27.06.1994 Bedenken wegen der sozialen Auswahl an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (dort Seite 5-6 = Bl. 108 – 109 d.A.).

Mit Schreiben vom 28.06.1994, dem Kläger zugegangen am 29.06.1994, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.09.1994. Am 07.07.1994 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt seine Anerkennung als Schwerbehinderter.

Mit seiner am 16.07.1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung. Er hat vorgebracht, daß die Beklagte auch nach der Umstrukturierung noch ca. 30 herkömmliche Maschinen einsetze, die vom Kläger gewartet werden könnten. Außerdem hat er die soziale Auswahl gerügt. Die Arbeitnehmer… seien sozial besser gestellt. Er sei mit ihnen vergleichbar. Soweit sie über spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der CNC-gesteuerten Maschinen verfügten, werde auch er bei intensiver Schulung und in Zusammenarbeit mit ihnen längstens binnen Jahresfrist „auf diese hochkomplizierten Maschinen eingearbeitet sein”. Zudem habe die Beklagte ihre Fürsorgepflicht verletzt, weil sie ihm im Gegensatz zu anderen Kollegen keine Qualifikationsmöglichkeiten geboten habe. Weiter hat sich der Kläger auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte berufen und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates bestritten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.06.1994 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, daß ein Arbeitsplatz zur Wartung und Instandsetzung ausschließlich herkömmlicher Blechbearbeitungsmaschinen nicht mehr vorhanden sei. Von ehemals hunderten solcher Maschinen setze sie nur noch 4 ein, die von CNC-Mechanikern mitbetreut würden. Der Kläger benötige eine Schulungs- und Einarbeitungszeit für diese Maschinen von 2 bis 3 Jahren. Weiterbildungsangebote habe der Kläger in der Vergangenheit abgelehnt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 19.01.1995 mit der Begründung abgewiesen, daß der Kläger mit den von ihm benannten CNC-geschulten Arbeitnehmern bei einer erforderlichen Eina...

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