Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Beleidigung. Ausländerfeindlichkeit. Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen beleidigender und ausländerfeindlicher Äußerungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bezeichnung als „Kanakenfreundin” hat regelmäßig beleidigenden Charakter.
2. Abfällige Äußerungen über Betriebsfremde, sofern es sich nicht um Kunden oder Geschäftspartner handelt, begründen in der Regel keinen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die zu einer objektiven Belastung des Arbeitsverhältnisses führen können.
3. Ausländer- oder fremdenfeindliches Verhalten kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn damit gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht – und sei es eine Nebenpflicht – verstoßen wird.
Normenkette
BetrVG § 103; KSchG § 15 Abs. 1; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 01.11.2007; Aktenzeichen 3 BV 836/07) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01. 11.2007 (3 BV 836/07) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) (= Arbeitgeberin) betreibt in B. die …. In dieser Pflegeeinrichtung für Senioren beschäftigt sie etwa 60 Mitarbeiter.
Die 1949 geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) (= Arbeitnehmerin) ist seit dem 01.01.1993 als Pflegehilfskraft bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert. Die Arbeitnehmerin war bereits in der Vergangenheit (von 1996 bis 2006) Mitglied des im Betrieb der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Seit Juli 2007 gehört sie dem Gremium erneut an und ist seit dem 10.07.2007 dessen Vorsitzende. In diesem Verfahren begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) (= Betriebsrat) zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin.
Nachdem die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin Ende des Jahres 2003 mündlich ermahnt hatte, sprach sie ihr gegenüber in den folgenden Jahren eine Vielzahl von schriftlichen Abmahnungen aus. Die Abmahnung vom 24.08.2004 (Anlage A 5 = Bl. 19 d. A.) hatte einen Verstoß gegen das Rauchverbot zum Gegenstand. Eine weitere Abmahnung vom 27.10.2005 (Anlage A 7 = Bl. 21 d. A.) wurde ausgesprochen, weil sich die Arbeitnehmerin nicht zum Rauchen abgemeldet hatte. Mit Abmahnungen vom 14.04.2005, 16. und 28.02.2007 sowie 15.03.2007 (Anlagen A 6, 9, 10 und 11 = Bl. 20, 24 bis 26 d. A.) rügte die Arbeitgeberin, dass die Arbeitnehmerin während ihrer Tätigkeit Schmuck nicht abgelegt und gegen Hygienebestimmungen verstoßen hatte.
Eine weitere Abmahnung hat die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin mit Datum vom 28.10.2005 erteilt (Anlage A 8 = Bl. 22 d. A.). Die Abmahnung bezog sich auf einen Vorfall vom 17.10.2005. An diesem Tag diskutierte die Arbeitnehmerin mit der damaligen Wohnbereichsleiterin Frau K. über den Aufenthalt von Tieren in der Einrichtung. Ob die Arbeitnehmerin sich gelegentlich dieses Gesprächs in der in der Abmahnung behaupteten Weise über den seinerzeit in der Einrichtung beschäftigten Auszubildenden C. geäußert hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Die Wohnbereichsleiterin Frau K. schied zum 31.01.2006 aus den Diensten der Arbeitgeberin aus. Im Laufe des Jahres 2007 beabsichtigte die Arbeitgeberin, Frau K. wieder einzustellen. Der zum 01.09.2008 vorgesehenen Einstellung widersprach der Betriebsrat.
Zwei Tage später fand ein Gespräch zwischen der Arbeitnehmerin und der Pflegedienstleiterin Frau L. statt. In diesem Gespräch ging es u. a. um die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung von Frau K.. Wie das Gespräch im Einzelnen abgelaufen ist, insbesondere was die Arbeitnehmerin geäußert hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Frau L. informierte die Residenzleiterin Frau D. am 03.09.2007 über das am selben Tag mit der Arbeitnehmerin geführte Gespräch. Am 14.09.2007 beantragte die Arbeitgeberin beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin (Anlage A 15 = Bl. 30 ff. d. A.). Das Integrationsamt fällte bis zum 28.09.2007 keine Entscheidung. Am 01.10.2007 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin. Unter dem 03.10.2007 verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung.
Mit ihrem am 05.10.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen.
Sie hat behauptet, die Arbeitnehmerin habe am 17.10.2005 gegenüber der Wohnbereichsleiterin Frau K. geäußert, „diese Info hast du doch von A. mit seinem Schandmaul. Richte ihm mal schöne Grüße von mir aus, der soll erst mal richtig Deutsch lernen oder besser noch gleich in sein Mistland zurückgehen”.
Am 03.09.2007 habe die Arbeitnehmerin gegenüber der Pflegedienstleiterin L. im Hinblick auf die versagte Zustimmung zur Einstellung von Frau K. geäußert, „ja, ganz genau, gut dass die Kanakenfreundin nicht anfängt”. Daraufhin habe Frau L. das Gespräch abgebrochen. Die Arbeitnehmerin sei...