Entscheidungsstichwort (Thema)
Eilantrag des Wahlvorstandes zur Erstellung einer Wählerliste für einen einheitlichen Betrieb bei unerheblichen Einwendungen der Arbeitgeberin zur Nichtigkeit der beabsichtigten Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitgeber kann gegenüber dem Wahlvorstand die Erteilung der Auskünfte für die Wählerliste nur verweigern, wenn die beabsichtigte Betriebsratswahl voraussichtlich nichtig ist.
2. Die Verkennung des Betriebsbegriffs führt regelmäßig nicht zur Nichtigkeit einer Betriebsratswahl.
3. Allenfalls gravierende, besonders grobe und offensichtliche Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstandes können diese nichtig machen und den Arbeitgeber berechtigen, die Erteilung der Auskünfte für die Wählerliste zu verweigern.
Normenkette
WahlO BetrVG § 2 Abs. 2 S. 1; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 20.03.2014; Aktenzeichen 1 BVGa 20/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20.03.2014 - 1 BVGa 20/14 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1.) begehrt von der Beteiligten zu 2.) gem. § 2 Abs. 2 WO die Mitteilung der erforderlichen Daten zur Erstellung einer Wählerliste zur Durchführung einer Betriebsratswahl.
Die Beteiligte zu 2.) (im Folgenden Arbeitgeberin) agiert in verschiedenen Bundesländern. Sie betreibt an verschiedenen Standorten in Schleswig-Holstein Bildungszentren. Die Standorte der Arbeitgeberin in L...-B..., E..., P... und K... verfügen über eine eigene regionale Leitung. Die Leiterin des Standorts in P..., Frau S... K..., ist Prokuristin.
Dem Standort L...-B... ist der Standort B... S... zugeordnet. Dort werden zusammen mit den Arbeitnehmern des zugeordneten Standorts insgesamt 28 Arbeitnehmer beschäftigt. Es ist ein Betriebsrat gebildet.
Dem Standort P... sind die weiteren Standorte B..., H... und E... zugeordnet. Dort werden inklusive der zugeordneten weiteren Standorte 24 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch hier ist ein Betriebsrat gebildet.
Dem Standort K... ist der Standort R... zugeordnet. Es werden an diesem gemeinschaftlichen Standort 13 Arbeitnehmer beschäftigt. Am Standort in I... sind zurzeit keine Mitarbeiter tätig. Am Standort B... O... findet zurzeit nur eine vorübergehende Tätigkeit statt. Am Standort E... werden 15 Arbeitnehmer beschäftigt. An diesen Standorten existieren keine Betriebsräte.
Die beiden bisher bestehenden Betriebsräte haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet. Im Laufe der letzten Amtsperiode kamen die beiden Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat zu dem Ergebnis, es handele sich bei den einzelnen Standorten um einen einheitlichen, sich über ganz S...-H... erstreckenden Betrieb im Sinne der §§ 1, 4 BetrVG. Durch Beschluss vom 07.02.2014 (Anlage ASt1, Bl. 10 d. A.) bestellte der Gesamtbetriebsrat für den einheitlichen Betrieb der Arbeitgeberin, umfassend die Standorte L..., B... O..., P..., K..., E..., B..., I..., H..., E... und B... S..., einen Wahlvorstand, den Beteiligten zu 1.).
Mit Schreiben vom 18.02.2014 (Anlage ASt3, Bl. 12 d. A.) forderte der Wahlvorstand die Arbeitgeberin auf, die zur Erstellung einer Wählerliste für einen aus Sicht des Wahlvorstandes bestehenden einheitlichen Betrieb erforderlichen Informationen mitzuteilen, um die in diesem einheitlichen Betrieb durchzuführende Betriebsratswahl vorbereiten zu können.
Hierauf wendete sich die Arbeitgeberin durch ihren Justiziar an den Gesamtbetriebsrat und forderte diesen auf, seinen Beschluss zurückzunehmen, da die Bestellung des Wahlvorstandes wegen Verkennung des Betriebsbegriffes unwirksam sei. Die geforderte Auskunft wurde nicht erteilt.
Daraufhin forderte der nunmehr anwaltlich vertretene Wahlvorstand die Arbeitgeberin erneut mit Schreiben vom 06.03.2014 (Anlage ASt4, Bl. 16 f. d. A.) zur Abgabe der geforderten Informationen auf. Da das erfolglos blieb, leitete er mit Antragsschrift vom 11.03.2014 das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren ein.
Der Wahlvorstand hat stets die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der angeforderten Auskünfte stehe ihm selbst im Falle einer etwaigen Verkennung des Betriebsbegriffes gemäß § 2 Abs. 2 WO zu. Etwas anderes könne sich nur im Falle der Nichtigkeit der angestrebten Betriebsratswahl ergeben. Die Verkennung des Betriebsbegriffs führe nach Rechtsprechung und Literatur jedoch regelmäßig gerade nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Diese Frage müsse ggf. in einem späteren Anfechtungsverfahren geklärt werden. Die Bestellung des Wahlvorstandes durch den Gesamtbetriebsrat sei rechtlich nicht zu beanstanden. Etwaige Fehler führten jedenfalls auch nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.
Der Wahlvorstand hat beantragt,
die Beteiligte zu 2.) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, dem Wahlvorstand die Liste der wahlberechtigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Betriebes, bestehend aus den Bildungszentren/Standorte L..., B... O..., P..., K... einschließlich R..., E..., B..., I..., H..., E... und B... S..., jeweils...