Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Verfahren zur Anbringung von Wahlvorschlägen zur Wahl des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wahlvorschlag ist nichts anderes als die schriftliche Benennung von Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die von den Unterstützern für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden. Die gem. § 6 Abs. 3 S. 3 WO notwendige schriftliche Zustimmungserklärung der vorgeschlagenen Wahlbewerber beinhaltet nur das Einverständnis zur Aufnahme in den Wahlvorschlag, nicht jedoch das Einverständnis mit den konkreten Unterstützern des Wahlvorschlags nach § 14 Abs. 4 oder § 14 Abs. 5 BetrVG. Eines solchen Einverständnisses mit den Unterstützern bedarf es nicht.
2. Wahlvorschlag, Zustimmungserklärung der Bewerber und Unterstützerunterschriften müssen sich nicht auf einem einzigen, körperlich fest verbundenen Originaldokument befinden.
3. Zur ordnungsgemäßen Bevollmächtigung von Beauftragten der Gewerkschaft iSd. § 14 Abs. 5 BetrVG; § 27 Abs. 3 WO.
Normenkette
BetrVG WO; BetrVG § 14 Abs. 3, 5
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 12.12.2016; Aktenzeichen 5 BVGa 154/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Bet. zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 12.12.2016 - Az. 5 BVGa 154/16 - abgeändert:
Der Wahlvorstand wird verpflichtet, den von der Gewerkschaft I... M... in der Schlussfassung mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort "I... M... Liste" für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 im Betrieb der Bet. zu 2 zuzulassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der von der Beteiligten zu 1. (im Folgenden: I... M...) mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlagsliste zur für den 17.01.2017 angesetzten Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Beteiligten zu 2.
Im Betrieb der Beteiligten zu 2. sind mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Es existiert bislang kein Betriebsrat. Am 11.04.2016 wurde ein Wahlvorstand bestellt, der Beteiligte zu 3. (im Folgenden: Wahlvorstand). Kurz danach wurde nach Ausscheiden eines Wahlvorstandsmitgliedes vorübergehend die Handlungsfähigkeit und korrekte Besetzung des Wahlvorstandes unklar. Im Mai 2016 kursierte schon eine Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl im Betrieb, u.a. mit den gleichen Bewerbern wie in diesem Verfahren, die aber nicht beim Wahlvorstand eingereicht wurde.
Mit Wahlausschreiben vom 15.11.2016 leitete der Wahlvorstand die am 17.01.2017 stattfindende Betriebsratswahl ein und forderte zur Einreichung von Wahlvorschlägen bis zum 29.11.2016 auf (Bl. 53f d. A.).
Schon mit Schreiben vom 26.10.2016 reichte die I... M..., Region H..., einen undatierten Wahlvorschlag, Kennwort I... M..., im Original bei dem Wahlvorstand ein (Anl. ASt 2, Bl. 65f d. A.). In diesem Wahlvorschlag heißt es u.a. wie folgt:
"Teil 1": Bewerber/innen mit Zustimmungserklärung eines jeden einzelnen Bewerbers/einer jeden Bewerberin".
Dann sind mit entsprechender Nummerierung vier Personen mit Familienname, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum und Beschäftigungsart benannt. Jeweils daneben befindet sich in einer sechsten Spalte unter der Überschrift "Zustimmung zur Bewerbung (Unterschrift)" die Originalunterschrift der vier vorgeschlagenen Bewerber (Bl. 66 d. A.). Auf dem Wahlvorschlag ist ein "Teil 2: Stützunterschriften" mit anschließenden zwei Zeilen und Spalten "Familienname, Vorname, Unterschrift". Dieser "Teil 2" ist nicht ausgefüllt. Drei der Bewerber haben im Frühjahr 2016 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und hiergegen geklagt. Zwei der Kündigungsschutzverfahren sind gegenwärtig in der Berufung beim Landesarbeitsgericht anhängig.
Auf dem Wahlvorschlag vom 26.10.2016 benannte die I... M... als Listenvertreter "M... G..., I... M... Sekretär". Der Wahlvorschlag ist nicht mit Unterschriften von zwei Beauftragten der Gewerkschaft versehen (Bl. 66 d. A.). Das Anschreiben der I...-M... Region H... vom 26.10.2016 ist unterzeichnet von "M... G..." und "J... W..." (Anl. ASt. 2, Bl. 65 d. A.). Eine Vollmacht der Beauftragten der Gewerkschaft war dem Wahlvorschlag nicht beigefügt.
Der Wahlvorstand lehnte gegenüber der I... M... mit Schreiben vom 31.10.2016 den eingereichten Wahlvorschlag als ungültig ab (Anl. ASt. 3, Bl. 15f d.A.). Auf den Inhalt wird verwiesen.
Mit an den Wahlvorstand gerichtetem Schreiben vom 01.11.2016 erteilte Herr E... G... als "2. Bevollmächtigter der I... M..." den politischen Sekretären M... G... und J... W... Vollmacht, die Liste der I... M... für die Betriebsratswahl mit Listenvertreter M... G... und Listenführer A... F... als Wahlvorschlag der I... M... einzureichen (Anl. ASt 4, Bl. 17 d. A.). Diesem Schreiben beigefügt war eine Fotokopie des bereits mit Schreiben vom 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Wahlvorschlags versehen mit dem Zusatz:
"H... 3. November 2016
Durch die beigefügte Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, überreichen wir ihnen gemäß § 14 BetrVG (in Ergänzung) unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen) den Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl im Bet...