Entscheidungsstichwort (Thema)
Postulationsfähigkeit. Vertreter. Geschäftsführer. Mitgliedsfirma. Entsendungsbeschluß. Betriebsrat. Beschluß. Schulung. Wirtschaftsausschuß. erforderlich
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch, vom Arbeitgeber wegen Schulungsverpflichtungen gegenüber einem Bildungswerk freigestellt zu werden, wenn die Teilnahme seines Betriebsratsmitglieds an der Schulungsveranstaltung des Bildungswerkes nicht erforderlich war. Der Besuch eines Seminars mit dem Thema „Wirtschaftliche Informationen im Betrieb” durch ein Betriebsratsmitglied ist zumindest dann nicht erforderlich, wenn das Betriebsratsmitglied bereits neun Jahre Betriebsratsmitglied ist, die ganze Zeit über dem Wirtschaftsausschuß angehört hat und seit fünf Jahren das Amt des Betriebsratsvorsitzenden innehat: die langjährige Tätigkeit im Betriebsrat und Wirtschaftsausschuß machte diese Schulung entbehrlich.
2. Maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Teilnahme seines Mitglieds an einer Schulungsveranstaltung ist der Wissensstand des Betriebsrates vom zu vermittelnden Lernstoff – Stoffplan des Veranstalters –, bei der Beschlußfassung vor der Entsendung seines Mitglieds, unberücksichtigt müssen spätere Erkenntnisse über den tatsächlich vermittelten Wissensstoff bleiben.
Normenkette
ArbGG § 11 Abs. 2, § 37 Abs. 2 Abs. 6, § 40
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 24.10.1995; Aktenzeichen 1a BV 35/95) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Kiel vom 24. Oktober 1995 – 1a BV 35/95 – abgeändert.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die aus Anlaß der Schulung des Betriebsratsvorsitzenden, des Beteiligten zu 3), entstanden sind.
Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Der Betriebsratsvorsitzende ist nunmehr in der dritten Wahlperiode Betriebsratsmitglied, davon fünf Jahre als Vorsitzender. Seit neun Jahren, nämlich seit 1986, ist er Mitglied des Wirtschaftsausschusses. In diesen Wirtschaftsausschuß sind vom Betriebsrat sämtliche Betriebsratsmitglieder entsandt.
Der Beteiligte zu 3) hatte bislang mehr als sechzehn Schulungen besucht, darunter folgende:
12. – 17. Februar 1989 |
Funktionsträger I |
8. – 13. Oktober 1989 |
Betriebsräte I |
16. – 27. April 1990 |
Funktionsträger II |
21. Oktober – 2. November 1990 |
Betriebsräte II |
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(Inhalte Bl. 33 d. A.). |
Der Betriebsratsvorsitzende R. schrieb unter dem 2. März 1995 an die beteiligte Arbeitgeberin:
Mitteilung an die Geschäftsleitung
Der Betriebsrat hat in der heutigen Sitzung beschlossen, Herrn Fabian R., zu dem vom 7. Mai 1995 bis 19. Mai 1995 stattfindenden Seminar zu entsenden.
Betr.: „Wirtschaftliche Information im Betrieb”
Betriebsräteseminar gem. § 37.6 BetrVG
Ort: Hattingen
Lehrgangskosten: ca. 110,00 DM/Tag, zuzüglich MwSt. und Lehrgangsgebühren.
Mit freundlichen Grüßen
Fabian R.
Er fügte diesem Schreiben die Einladung und die Beschreibung der Inhalt der Veranstaltung bei (Bl. 11 u. 12 d. A.).
In der Inhaltsbeschreibung ist u. a. aufgeführt:
Zielgruppe
Betriebsratsmitglieder, Mitglieder in Wirtschaftsausschüssen und Aufsichtsräten, die sich in den Zusammenhängen der Betriebsverfassung mit „wirtschaftlichen Angelegenheiten” befassen und in ihren personellen und sozialen Auswirkungen weiterverfolgen müssen. Die Lehrgänge zielen auf die Ausfüllung der §§ 80, 90, 92, 106–110 und 111 BetrVG
und ihre Verknüpfung mit den Beteiligungsrechten nach §§ 87, 91, 92–95, 96–98, 99–102 sowie nach § 112 BetrVG.
Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 8. März 1995 (Bl. 30 d. A.) mit, der vorliegende Themenauszug reiche für ein 14-tägiges Seminar nicht aus.
Sie bitte, den vollständigen Themenkatalog zu erhalten. Darüber hinaus bitte sie um Darlegung, wieso der Betriebsratsvorsitzende diese Schulung benötige. Mit Schreiben vom 16. März 1995 (Bl. 31 d. A.) erwiderte der Betriebsratsvorsitzende R.:
Mitteilung an die Geschäftsleitung
Betrifft: Seminar „Wirtschaftliche Information im Betrieb”
nach § 37.6 BetrVG für Hr. Fabian R.
Sehr geehrte Herren!
Zu dem o. g. Seminar hat der BR neben der Beschlußfassung, gleichfalls die Einladung, sowie die Inhaltsangabe vorgelegt. Die Notwendigkeit ergibt sich aus der Tätigkeit des Betriebsrates, aufgrund der gesetzlichen Vorgabe aus dem BetrVG, zwecks Durchführung von Wirtschaftsausschußsitzungen.
Lehrgangskosten sind vom BR nach Kenntnisstand vorgelegt worden. Herr R. wird an diesem Seminar teilnehmen!
Mit freundlichen Grüßen
Fabian R.
Die Antragsgegnerin lehnte die Teilnahme erneut mit Schreiben vom 20. März 1995 ab. Der Beteiligte zu 3) nahm an dem Lehrgang teil. Hinsichtlich der einzelnen Themen wird auf Blatt 47 und 48 der Akten Bezug genommen. Nach Besuch des Lehrgangs übersandte das DGB-Bildungszentrum in Hattingen dem Betriebsrat folgende Rechnung:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Fabian R., Mitglied des Betriebs-/Personalrates Ihres Betriebes hat – nach Beschluß des Betriebs-/Personalrates an der Veranstaltung „Wirtschaftlic...