Entscheidungsstichwort (Thema)
Elektronischer Rechtsverkehr in der Arbeitsgerichtsbarkeit
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 46g ArbGG können die dort genannten Personen, insbesondere Rechtsanwälte und Syndikusanwälte, sowie Behörden Schriftsätze nur noch elektronisch bei Gericht einreichen. Die Vorschrift des § 46g ArbGG ist durch Landesverordnung in Schleswig-Holstein gem. Art. 24 Abs. 2 und 26 Abs. 7 ERVFöG bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Der elektronische Rechtsverkehr gilt nicht nur im Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht, sondern auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht.
Normenkette
ArbGG §§ 46 g, 64 Abs. 6; ERVFöG Art. 3 Nr. 5, Art. 14 Abs. 2, Art. 26 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 08.01.2020; Aktenzeichen 7 Ca 1243/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.01.2020 - 7 Ca 1243/19 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Die Revisionsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie über Zahlung. Ferner begehrt die Klägerin vom Beklagten Auskunft und Herausgabe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 08.01.2020 abgewiesen. Gegen das ihr am 07.02.2020 zugestellte Urteil legte die Klägerin mit am (Montag) 09.03.2020 um 16.41 Uhr beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Telefax-Schreiben Berufung ein. Zwei Tage später ging die Berufungsschrift im Original bei dem Landesarbeitsgericht ein.
Mit Verfügung vom 10.03.2020 hat das Gericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Berufung nicht formgerecht eingelegt worden ist, da sie als anwaltlich vertretene Partei ihr Rechtsmittel elektronisch hätte einreichen müssen. Daraufhin übermittelte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten die Berufungsschrift sowie einen Schriftsatz vom 12.03.2020 am 12.03.2020 als elektronisches Dokument. Das Gericht hat mit Verfügung vom 13.03.2020 darauf hingewiesen, dass die am Vortag übersandten Schriftsätze nicht wirksam eingereicht worden sind, da nicht alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte in der Datei enthalten - "eingebettet"- waren.
Der Beklagte hat mit ordnungsgemäß elektronisch übermitteltem Schriftsatz vom 20.03.2020 beantragt, die Berufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin ist unzulässig. Ihr vorsorglicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist ist unbegründet.
1. Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ArbGG, 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie dieses Rechtsmittel nicht fristgerecht und bis heute nicht formgemäß eingelegt hat.
a) Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 07.02.2020 zugestellt worden. Sie hätte daher bis (Montag) 09.03.2020 Berufung einlegen müssen, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 188 Abs. 2 BGB.
Die Frist zur Einlegung der Berufung begann mit der Zustellung des Urteils des Arbeitsgerichts am 07.02.2020 zu laufen. Grundsätzlich beginnt die Rechtsmittelfrist allerdings nicht zu laufen, wenn die Rechtsmittelbelehrung fehlt, unvollständig oder unrichtig ist, § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG. Die Klägerin ist jedoch zutreffend über das Rechtsmittel (Berufung), das Gericht (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein) und die Frist (ein Monat ab Zustellung) belehrt worden. Auch auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung, also auf die erforderliche Form, ist sie hingewiesen worden. Unter 1. der Rechtsmittelbelehrung ist im vorletzten Absatz durch Fettdruck Folgendes hervorgehoben:
"Die Einreichung muss in der o. g. Weise elektronisch erfolgen, wenn das Rechtsmittel schriftlich durch einen Rechtsanwalt, eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingelegt wird."
Das steht nicht im Widerspruch zu dem Hinweis im dritten Absatz, in dem es heißt, dass die Berufung schriftlich einzulegen ist. Denn im Weiteren wird klargestellt, dass die Schriftform unter bestimmten Voraussetzungen auch durch die Einreichung eines elektronischen Dokuments gewahrt ist und für Rechtsanwälte allein dieser Weg der Einreichung eröffnet ist.
b) Innerhalb der Berufungsfrist hat die Klägerin nur per Telefax Berufung eingelegt, nämlich am 09.03.2020 um 16.41 Uhr. Damit hat sie die Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts ignoriert und die Berufung nicht formgemäß eingelegt.
aa) Seit dem 01.01.2020 gilt vor allen Schleswig-Holsteinischen Arbeitsgerichten § 46 g ArbGG. Das ergibt sich aus der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein vom 23.12.2019, Seite 782; im Folgenden: Landesverordnung). Danach können die dort genannten Personen, insbesondere also Rechtsanwälte, Syndikusrech...