Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Mitbestimmung des Betriebsrats bei Beurteilungsgrundsätzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt. Denn der Betriebsrat kann sein Recht nur sachangemessen ausüben, wenn er die vom Arbeitgeber ermittelten und von diesem für relevant gehaltenen Daten und Unterlagen kennt.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 94 BetrVG gilt auch bei vom Arbeitgeber aufgestellten allgemeinen Regeln für die Beurteilung von externen Bewerbern. Die Aufstellung dieser Grundsätze muss dazu führen, dass damit wesentliche Vorentscheidungen für die Einzelfallbeurteilung getroffen werden. In diesem Fall ist nach der Intention des Gesetzes eine Beteiligung des Betriebsrats geboten.
Normenkette
BetrVG §§ 93-94, 99
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 15.09.2017; Aktenzeichen 5 BV 45/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 15.09.2017 - 5 BV 45/17 - teilweise geändert:
Die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Herrn L... L... als Servicemanager im Betrieb L... wird ersetzt. Der weitergehende Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen. Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin (Arbeitgeberin) berechtigt ist, Herrn L... einzustellen.
Die Arbeitgeberin ist eine Tochtergesellschaft des U.... Für ihren Betrieb gilt die "Betriebsvereinbarung zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung gemäß § 93 BetrVG " (Anlage ASt 12, Bl. 49 - 51 d. A., im Folgenden: BV Stellenausschreibung), deren § 5 Abs. 1 lautet:
"Für die Auswahl der Bewerberin/des Bewerbers sind ausschließlich fachliche und persönliche Qualifikationen maßgeblich. Interne und externe Bewerberinnen/Bewerber werden nach gleichen Kriterien beurteilt. Bei gleichen Voraussetzungen erhält die interne Bewerberin/der interne Bewerber den Vorzug."
Die Arbeitgeberin schrieb im Februar 2017 die Stelle eines Servicemanagers/in aus. Wegen der Einzelheiten der Stellenausschreibung wird auf die Anlage ASt 1 (Bl. 15 f d. A.) verwiesen. Mit fünf Bewerbern fanden am 13.04.2017 Bewerbungsgespräche statt, an denen auch der Vorsitzende des Antragsgegners (Betriebsrat) teilnahm. Auf die Stelle hatte sich auch das Betriebsratsmitglied R... S... beworben, der als einer der fünf Bewerber an einem Vorstellungsgespräch teilnahm. Im Anschluss an die Bewerbungsgespräche fand eine Bewertung der Bewerbungen durch die Mitglieder der Auswahlkommission statt.
Das Ergebnis der Bewertung trug die Vertreterin der Arbeitgeberin, Frau H..., in eine Matrix (Anlage ASt 7, Bl. 42 f d.A.) ein. An diesem Vorgang war der Betriebsratsvorsitzende nicht mehr beteiligt. Nach dem Ergebnis dieser Matrix wurde die Bewerbung von Herrn S... mit 85 Punkten - der niedrigsten Punktzahl aller Bewerber - bewertet. Die höchste Punktzahl, nämlich 131 Punkte, erhielt Herr L....
Mit Schreiben vom 17.05.2017, das dem Betriebsrat am selben Tag zuging, bat die Arbeitgeberin um Zustimmung zur Einstellung des Herrn L.... Dem Zustimmungsantrag (Anlage ASt 8, Bl. 44 f d. A.) war die Bewertungsmatrix nicht beigefügt. Mit Schreiben vom 24.05.2017, das der Arbeitgeberin am selben Tag zuging, versagte der Betriebsrat seine Zustimmung und wies in seiner Begründung auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 BV Stellenausschreibung sowie eine Besorgnis der Benachteiligung des Herrn S... wegen seiner Betriebsratstätigkeit hin. Am 02.06.2017 hat daraufhin die Arbeitgeberin das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet und ihrem Schriftsatz als Anlage ASt 7 die Bewertungsmatrix beigefügt. Der Antrag wurde dem Betriebsrat am 09.06.2017 zugestellt.
Ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Beschlusses wurde im Rahmen des Gütetermins beim Arbeitsgericht am 30.06.2017 ausführlich über das Zustandekommen und den Inhalt der Bewertungsmatrix gesprochen. Jedenfalls im Anhörungstermin beim Arbeitsgericht am 30.08.2017 wies die Arbeitgeberin darauf hin, dass unabhängig von der Frage, ob der Betriebsrat nicht bereits mit dem Schreiben vom 17.05.2017 vollständig informiert gewesen sei, jedenfalls jetzt die Unterrichtung vollständig sei.
Mit der Arbeitgeberin am selben Tag zugegangenem Beschluss vom 04.09.2017 verweigerte der Betriebsrat erneut seine Zustimmung zur Einstellung des Herrn L..., diesmal unter Hinweis auf § 99 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 BetrVG . Wegen der Einzelheiten der Zustimmungsverweigerungsgründe wird auf die Anlage AG 1 (Bl. 87 f d.A.) verwiesen.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei mit dem Schreiben vom 17.05.2017 ordnungsgemäß informiert worden. Seine Zustimmungsverweigerung vom 24.05.2017 sei substanzlos und damit u...