Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen ja

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit von Warnstreiks

 

Leitsatz (amtlich)

Die von dar IG Metall in der Tarifrunde 1981 praktizierte Arbeitskampfform dar sog. „neuen Beweglichkeit” war rechtswidrig und daher zu unterlassen.

Der IG Metall können jedoch nicht künftige Arbeitskampfmaßnahmen untersagt werden, weil das künftige Verhalten der IG Metall nicht voraussehbar ist.

 

Normenkette

GG Art. 9; BGB § 823

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 27.08.1982; Aktenzeichen 3b Ca 1176/81)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 27. August 1982 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß die Arbeitskampfmaßnahmen, zu denen die Beklagte die Arbeitnehmer in den Betrieben der beim Kläger organisierten Mitgliedsunternehmen in der Zeit vom 5. März bis 22. April 1981 aufgerufen hat, rechtswidrig und daher zu unterlassen waren.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Wegen der Darstellung das Tatbestandes wird gemäß 543 ZPO auf den Tatbestand des am 27.8.1982 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kiel Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch dieses Urteil die Klage abgewiesen und hat zur Begründung ausgeführt: Für die Feststellungsklage (Klagantrag zu 1.) seien die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, dessen örtliche Zuständigkeit und auch die Prozeßführungsbefugnis des Klägers gegeben. Haupt- und Hilfsanträge seien hinreichend bestimmt und das Feststellungsinteresse sei, weil auf die Zulässigkeit der Streikaktionen im Frühjahr 1981 gerichtet, zu bejahen. Der von der Beklagten erhobene Einwand der unzulässigen Rechtsausübung stehe dem Klagebegehren nicht entgegen. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage (Klagantrag zu 2.) sei aus den gleichen Gründen zulässig. Die dafür erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der Einlassung der Beklagten, in Zukunft ähnlich verfahren zu wollen.

In der Sache sei die Klage unbegründet. Es könne unentschieden bleiben, ob sich evtl. Rechtsverletzungen aus vertraglichen oder quasi-vertraglichen Beziehungen der Parteien ergeben könnten oder der Klaganspruch aus unerlaubter Handlung herzuleiten sei. Denn die Unzulässigkeit der streitigen Warnaktionen ergebe sich nicht aus § 3 der ab 1.1.1980 geltenden Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung, weil danach Warnstreiks nach dem Ende der Friedenspflicht jedenfalls nicht generell verboten sein sollten. Das schließe die Rechtswidrigkeit einzelner Kampfmaßnahmen nicht aus. Eine Rechtswidrigkeit sei aber nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen (AP Nr. 51 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) nicht festzustellen. Das gelte auch für die Hilfsanträge. Soweit die streitigen Arbeitsniederlegungen Auszubildende betrafen, könne diesen die Teilnahme an Arbeitskämpfen nicht verwehrt werden, weil die Arbeitsbedingungen der Auszubildenden auch durch Tarifverträge geregelt wurden. Auch das Unterlassungsbegehren aus dem Klagantrag zu 1. sei unbegründet, weil die Aktionen der Beklagten nicht, rechtswidrig gewesen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Gegen das ihm am 22.11.1982 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.12.1982 Berufung eingelegt und hat diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.2.1983 am 14.2.1983 begründet.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu andern und nach seinen Anträgen der I. Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihrer Berufungsanträge wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen, vertiefen es im wesentlichen durch Rechtsausführungen und ergänzen es wie folgt:

Der Kläger trägt vor, im Nordraum, um den es in diesem Rechtsstreit gehe, habe seitens der Beklagten nicht die Absicht eines Tarifabschlusses bestanden. Die Beklagte habe es lediglich auf Verunsicherung der Arbeitgeber abgesehen. Die entscheidenden Tarifabschlüsse hätten in einem anderen Tarifgebiet vorgenommen werden sollen. Den von der Beklagten gesteuerten Aktionen eines „rollierenden” Warnstreiks ständen die Arbeitgeber wehrlos gegenüber. Die Phase der laufenden Verhandlungen hätte jedenfalls kampflos bleiben müssen. Es habe sich in Wahrheit um einen Erzwingungsstreik gehandelt.

Die Beklagte führt dagegen aus, die späteren Tarifverträge hätten nicht im Nordverbund abgeschlossen werden sollen, sie seien aber übernommen worden. Inzwischen seien Warnstreiks bis maximal jeweils etwa 3 1/4 Stunden zulässig gewesen. Es habe keine Friedenspflicht mehr bestanden. Es gebe kein geschlossenes System von Arbeitskampfmaßnahmen und die Klage verfolge rechtspolitische Ziele und diene der Lösung von Rechtsfragen. Die verlangte Unterlassung ziele auf ein allgemeines Verbot des an sich...

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