Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Änderungskündigung eines Fernmeldehandwerkers durch Prokuristen. Bestimmtheit des Änderungsangebots bei Bestimmbarkeit des Beginns des Arbeitsverhältnisses trotz ausstehender Zustimmung des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Kündigung von einem Prokuristen ausgesprochen, dessen Prokura im Handelsregister eingetragen und vom Registergericht bekannt gemacht ist, bedarf es für deren Wirksamkeit keiner Vorlage einer Vollmachtsurkunde. Die Prokura ermächtigt den Prokuristen seinerseits einem Dritten Kündigungsvollmacht zu erteilen. Die vom Dritten ausgesprochene Kündigung ist nach § 174 Satz 1 BGB nur dann wirksam, wenn der Dritte eine vom Arbeitgeber oder Prokuristen ausgestellte Vollmachtsurkunde vorlegt.
2. Das mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot muss gemäß § 145 BGB eindeutig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Der Beginn der geänderten Arbeitsbedingungen schließt nahtlos an den Kündigungstermin an, da § 2 KSchG die ununterbrochene Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen voraussetzt. Regelmäßig genügt die Angabe eines Kündigungstermins bzw. der Kündigungsfrist. Dem steht nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs der Versetzung noch nicht zugestimmt hatte und deshalb der Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen möglicherweise noch nicht feststand. Maßgeblich ist die Bestimmbarkeit des Beginns des Arbeitsverhältnisses und nicht die tatsächliche Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen.
Normenkette
BGB §§ 145, 174 Sätze 1-2, § 611 Abs. 1; HGB § 10 Abs. 1, § 48 Abs. 2, § 49 Abs. 1, § 50 Abs. 1; BetrVG § 102 Abs. 1 S. 3; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, § 2 S. 1; MTV T § 2 Abs. 3, § 6 Abs. 2, § 26
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 06.11.2012; Aktenzeichen 2 Ca 911/12) |
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 06.11.2012, Az. 2 Ca 911/12, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Änderungskündigung.
Der am ....1955 geborene Kläger wurde mit Wirkung zum 11.07.1973 vom Fernmeldeamt L. der Deutschen Bundespost als Fernmeldehandwerker bzw. Betriebstechniker eingestellt. Ausweislich des Formulararbeitsvertrags finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der D. B. (TV Arb) in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung (Bl. 7 d. A.). Seinerzeit war der Kläger Mitglied der den Tarifvertrag schließenden Gewerkschaft. Diese Mitgliedschaft endete am 31.10.1996. Nach Gründung der Beklagten ging das Arbeitsverhältnis des Klägers am 01.01.1995 auf diese über.
Mit Schreiben vom 15.07.1995 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.08.1995 als unkündbar gelte unter Hinweis auf § 26 a Abs. 1 a TV Arb (Bl. 12 d. A.).
Zuletzt war der Kläger als Techniker PTI im Bereich Übertragungstechnik in dem eigenständigen Betrieb der Beklagten "Technische Infrastruktur-Niederlassung Nord" (TI NL N) in L. eingesetzt. Er ist eingruppiert in Entgeltgruppe T 4 des Entgeltrahmentarifvertrages der T. und sein durchschnittlicher Monatsverdienst beträgt € 3.133,19 brutto. Am 25.06.2007 ging der Betrieb TI NL N im gesamten Bundesgebiet auf die D. T. N. GmbH (DTNP) über. Im August 2007 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die DTNP. Da der Arbeitsplatz des Klägers infolge des Betriebsteilübergangs weggefallen war, sprach die Beklagte ihm gegenüber eine Änderungskündigung mit dem Ziel aus, ihn zukünftig in B. zu beschäftigen. Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers war erfolgreich (ArbG Lübeck 2 Ca 3076/06 = LAG Schl.-H. 4 Sa 166/08). Nach Verkündung jenes stattgebenden erstinstanzlichen Urteils setzte die Beklagte den Kläger ab dem 31.07.2008 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und mit seinem Einverständnis bis zur Rechtskraft jener arbeitsgerichtlichen Entscheidung bei der DTNP ein. Nach Eintritt der Rechtskraft stellte sie den Kläger mit Wirkung vom 01.04.2009 widerruflich von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und bot ihm im Juni 2009 einen Arbeitsplatz in K. an, den der Kläger nicht annahm. Im September 2011 versetzte die Beklagte den Kläger auf die Stelle eines Sachbearbeiters Projektmanagement im Bereich V. Business Services in H.. Die dagegen gerichtete Klage des Klägers war erfolgreich, da nach Auffassung des Arbeitsgerichts die Maßnahme nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt war (ArbG Lübeck, Urt. v. 11.01.2012 - 5 Ca 2584/11 -).
Mit Schreiben vom 26.03.2012, dem Kläger am 29.03.2012 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 31.10.2012, "hilfsweise zum nächst zulässigen Termin" und bot ihm den zuvor im Wege der Versetzung zugewiesenen Arbeitsplatz im Betrieb V. in H. an. D...