Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, fristlos, außerordentlich. Bäckereifachverkäuferin, Beleidigung, Bedrohung. Betriebsfrieden. Zusammenarbeit, gedeihliche. Umgangston, unangemessen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
2. Grobe Beleidigungen von Kolleginnen sind an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Was darunter einzuordnen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Von Bedeutung ist u.a. der betriebliche bzw. branchenübliche Umgangston und die Gesprächssituation.
3. Tätliche Auseinandersetzungen im Betrieb rechtfertigen grundsätzlich die außerordentliche Kündigung.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen 2 Ca 84 d/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.03.2009 – 2 Ca 84 d/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier fristloser Kündigungen mit dem Vorwurf unangemessenen, teils beleidigenden Umgangs gegenüber Kolleginnen.
Die Klägerin ist 31 Jahre alt, verheiratet und seit dem 15. April 2001 bei dem Beklagten als Bäckereifachverkäuferin tätig gewesen.
Der Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer. Die Klägerin erhielt zuletzt 1.900,00 Euro brutto monatlich.
Die Klägerin arbeitete in der Filiale in H.-U.. Leiterin dieser Filiale ist Frau L.. Am 01.09.2008 begann dort Frau A. ihre Ausbildung. Außerdem waren in dieser Filiale u.a. auch die Verkäuferinnen M. und L. tätig, Frau L. seit langem, Frau M. erstmalig am 11.11.2008.
Am 03. November 2008 suchten der Beklagte, die Verkaufsleiterin Frau K. und der Betriebsberater Herr L. die Filiale auf. Dabei wurde u. a. die Auszubildende Frau A. gefragt, wie es ihr in der Filiale gefalle. Diese berichtete daraufhin, dass sie mit allen außer der Klägerin zurechtkäme. Letztere hatte sie unstreitig – in welchem Tonfall auch immer – mehrfach vor Kunden kritisiert.
Daraufhin wurde die Klägerin noch am 03. November 2008 aufgefordert, Frau A. vernünftig zu behandeln und Kritik nicht vor Kunden zu äußern.
In der Folgewoche berichtete die Filialleiterin Frau L. Frau K. und Herrn L., dass sich das Verhalten der Klägerin gegenüber Frau A. nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert habe. Nunmehr wurde die Klägerin für den 11. November 2008 zu einem Gespräch in die Zentrale gebeten. Das Gespräch, an dem die beiden Parteien und Frau K. teilnahmen, fand in der Zeit zwischen 10.00 und 11.00 Uhr statt. Die Klägerin wurde u.a. angewiesen, gegenüber Frau A. einen angemessenen Ton zu wahren, insbesondere Beschimpfungen und Bedrohungen zu unterlassen. Ihr wurde gesagt, dass dies nunmehr ihre letzte Chance sei. Sie solle mit der Auszubildenden A. ein Gespräch führen, um die Spannungen abzubauen, und auch mit der neuen Verkäuferin, Frau M., freundlich und vernünftig umgehen.
Die Klägerin fuhr sodann in die Filiale H.-U. zurück. Danach kam es zu Äußerungen ihrerseits, die streitig sind und die vorliegende Kündigung ausgelöst haben.
Mit Schreiben vom 13. November 2008 (Anlage K 2; Bl. 8 d. A.), der Klägerin am gleichen Tage übergeben, hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt.
Am 20. November 2008 suchte die gekündigte Klägerin die Filiale in H.-U. auf. Sie traf dort die Auszubildende A. und sprach mit ihr. Der Inhalt der gegenüber Frau A. getätigten Äußerungen ist zwischen den Parteien streitig. Dasselbe gilt für eine Äußerung, die die Klägerin gegenüber einer anwesenden Reinigungskraft über Frau A. gemacht haben soll. Aus diesem Anlass sprach der Beklagte mit Datum vom 28.November 2008 eine erneute außerordentliche Kündigung aus. Diese Kündigung ist der Klägerin am 01. Dezember 2008 zugegangen.
Gegen beide Kündigungen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Ihres Erachtens hat sie keine Vertragspflichten verletzt, sich allenfalls etwas burschikos verhalten,
Das Arbeitsgericht hat zu den Vorwürfen des Beklagten, die Klägerin habe Kolleginnen beleidigt und bedroht, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen A. und M.. Es hat sodann die Klage abgewiesen, weil es die im Zusammenhang mit dem Ausspruch der ersten außerordentlichen Kündigung vom 13.11.2008 erhobenen Vorwürfe als erwiesen angesehen hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand, Anträge und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 19.03.2009 verwiesen.
Gegen dieses der Klägerin am 20.05.2009 zugestellte Urteil hat sie am 17.06.2009 Berufung eingelegt, die am 20.07.2009 begründet wurde.
Die Klägerin wiederholt und ve...