REVISION ZUGELASSEN JA
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderpflegerinnen. Einsatz im Unterricht an Schulen für geistig Behinderte
Leitsatz (amtlich)
Für Kinderpflegerinnen, die an Schulen für geistig Behinderte den Fachlehrer bei der Unterrichtsvorbereitung und der Durchführung des Unterrichts unterstützen und im Unterricht gemeinsam mit dem Fachlehrer unter dessen pädagogischer Leitung eingesetzt sind, liegt eine durch die Gerichte für Arbeitssachen auszufüllende Tariflücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Tätigkeitsmerkmale der VergO für Angestellte im Erziehungsdienst zu schließen ist (im Anschluß an BAG, AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975)
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 26.11.1987; Aktenzeichen 2 Ca 934/86) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 26. November 1987 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Auf den Hilfsantrag der Klägerinnen wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerinnen ab dem 01. März 1988 Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldner 1/5, der Beklagte 4/5 der Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, an sie Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1a der Vergütungsordnung zum BAT Teil II E Erziehungsdienst zu zahlen.
Die Klägerinnen sind gelernte Kinderpflegerinnen. Sie sind seit einer Reihe von Jahren in der Sonderschule G des beklagten Kreises in B. als Angestellte tätig, und zwar die Klägerin zu 1.) seit März 1977, die Klägerin zu 2.) seit Mai 1972, die Klägerin zu 3.) seit Oktober 1979 und die Klägerin zu 4.) seit August 1982. Auf die Arbeitsverhältnisse der Klägerinnen findet Kraft beiderseitiger Tarifbindung sowie arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag Anwendung. Die Klägerinnen werden zur Zeit nach Vergütungsgruppe VII BAT vergütet.
In der Sonderschule G des beklagten Kreises werden geistig behinderte Schüler erzogen und unterrichtet. Nach der Landesverordnung über die Schule für geistig Behinderte (OSG) vom 29. Juni 1981, die aufgrund § 2 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes erlassen worden ist,
„werden in der Schule für geistig Behinderte Schüler erzogen und unterrichtet, deren Lernmöglichkeit und Entwicklungsfähigkeiten erheblich unter denen gleichaltriger Schüler liegen und die in anderen Sonderschulen wegen ihrer Behinderung nicht oder nicht hinreichend gefördert werden können”.
Nach § 2 der OSG gliedert sich die Schule für geistig Behinderte in Unterstufe, Mittelstufe, Oberstufe und Werkstufe. Der Besuch der einzelnen Stufen dauert in der Regel drei Jahre. Die geistig behinderten Schüler besuchen die Schule in allen vier Stufen, mindestens jedoch bis zur Erfüllung der Vollzeitschulpflicht.
Der Lehr plan für die Schule für geistig Behinderte in Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1982 (Bl. 264–267 d.A.) legt die Unterrichtsvorhaben an einer Schule für geistig Behinderte fest. Nach Ziffer 2 des Lehrplans
„hat der geistig Behinderte das Recht, sich als handelnder und erlebender Mensch zu verwirklichen. Es ist pädagogischer Auftrag der Schule, den geistig Behinderten zur Selbstverwirklichung in die soziale Integration zu führen. Sie ermöglicht ihm das Lernen und die soziale Eingliederung in den verschiedenen Lebensbereichen.”
Nach Ziffer 4.4
„sind an der Schule für geistig Behinderte Sonderschullehrer und weitere pädagogische Mitarbeiter tätig. Für die pädagogischen Mitarbeiter ist eine Zusatzausbildung erforderlich. Die Sonderschullehrer, die Fachlehrer und die weiteren pädagogischen Mitarbeiter erteilen Klassen-, Kurs- und Einzelunterricht. Die Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule verpflichtet alle Mitarbeiter zu enger Zusammenarbeit.”
Im Einrichtungserlaß des Kultusministers des Landes Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1974 (Nbl. KM 1974 S. 21) wird u. a. ausgeführt, daß das zur Aufrechterhaltung der Arbeit erforderliche weitere Personal im Dienst der Schulträger steht. Hierzu gehöre insbesondere je Schulzug (fünf Klassen) eine Kraft für die anfallenen pflegerischen Maßnahmen. An der Schule für geistig Behinderte in Schleswig ist zur Zeit folgendes Personal tätig:
- 4 Sonderschullehrer
- 5 Fachlehrer
- 1 Sozialpädagoge Grad.
- 2 Erzieherinnen mit sonder pädagogischer Zusatzausbildung
- 2 Erzieher(-innen)
- 3 Schulpraktikantinnen (= Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung)
- 4 Kinderpflegerinnen
- 4 Zivildienstleistende
- 1 Verwaltungsangestellte
- 1 Hausmeister
Die Personen nach Ziffer 1–6 stehen im Dienste des Landes Schleswig-Holstein und sind als Klassenlehrer, in der Sprachtherapie bzw. im Einzel- oder Kleingruppenunterricht eigenverantwortlich tätig. Die Personen nach Ziffern 7. (die Klägerinnen) und 8 stehen im Dienste des Kreises Schleswig-Flensburg als Schulträger.
Die Klägerinnen, weiche ihre Ansprüche auf Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT mit Schreiben vom 31...