Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumungsklage nach fristloser Kündigung eines Wohnraummietvertrages wegen Zahlungsverzuges: Zulässigkeit eines Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren vor Ablauf der Schonfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann im schriftlichen Vorverfahren eines Räumungsprozesses ein Versäumnisurteil nach Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft ergehen; für ein Abwarten des Ablaufs der Schonfrist des § 569 BGB (zwei Monate nach Rechtshängigkeit) findet sich keine Stütze im Gesetz.

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 22. September 2004 wird das Amtsgerichts Schöneberg zum Az. 15 C 288/04 angewiesen, über den Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren bis zum 13. Oktober 2004 zu entscheiden.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 622,50 EUR (1,5 x 415,- EUR).

 

Gründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagten mit der am 16. Juli 2004 eingegangenen Klageschrift u.a. einen Räumungsanspruch geltend gemacht, der auf eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs vom 22. Juni 2004 gestützt worden ist, und dabei den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt. Mit Verfügung vom 29. Juli 2004 hat das Amtsgericht das schriftliche Vorverfahren angeordnet und eine Frist für den Eingang der Verteidigungsanzeige von zwei Wochen gesetzt. Desweiteren wurde eine Wiedervorlagefrist von 9 Wochen notiert, weil ungeachtet einer fehlenden Verteidigungsanzeige vor dem Ablauf der Schonfrist nicht über den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils entschieden werden sollte.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 336 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog zulässig, auch wenn sie sich nicht gegen eine Entscheidung, sondern gegen eine Untätigkeit des Gerichts wendet (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567, Rn. 21). Sie ist ferner auch begründet.

Im Falle einer wegen Zahlungsverzugs ausgesprochenen Wohnungskündigung kann auch schon vor Ablauf der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB im schriftlichen Vorverfahren eines Räumungsprozesses ein Versäumnisurteil ergehen, wenn die Voraussetzungen hierfür im Übrigen vorliegen. Ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergeht nicht, wenn der beklagte Mieter rechtzeitig seine Verteidigungsbereitschaft gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO anzeigt, was ihm vor den zuständigen Amtsgerichten auch ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts möglich ist (vgl. LG Köln NJW-RR 2004, 87; LG Hamburg WuM 2003, 275; LG Kiel WuM 2002, 149; Landgericht Stuttgart DWW 2002, 340). Die materielle Frist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB hat keinen Einfluss auf die prozessualen Folgen der Fristversäumung gemäß §§ 331 Abs. 3, 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Möglichkeit der Schonfristzahlung hat nicht zur Folge, dass die Kündigung bis zum Ablauf der Schonfrist schwebend unwirksam ist, vielmehr bewirkt die Zahlung innerhalb der Zweimonatsfrist, dass die Kündigung nachträglich unwirksam wird. Für ein Abwarten des Ablaufs der Schonfrist vor dem Erlass eines Versäumnisurteils findet sich danach keine Stütze im Gesetz. Unzulänglichkeiten in der Bearbeitungszeit der Anträge auf Kostenübernahme haben keinen Einfluss auf das Verfahren. Eine besondere Schutzbedürftigkeit einer Partei zu Lasten der anderen ist aus diesem Umstand nicht abzuleiten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Mieter durch den mit der Zustellung der Klageschrift verbundenen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens einer Verteidigungsanzeige hinreichend dazu angehalten ist, diese Anzeige an das Gericht auch in den Fällen einer in Aussicht stehenden Kostenübernahme fristgerecht zu tätigen. Für den Fall einer nach dem Erlass des Versäumnisurteils erfolgten Heilung bestehen die Rechtsschutzmöglichkeiten in der Form des Einspruchs und - für den Fall der Heilung nach Ablauf der Einspruchsfrist - der Vollstreckungsgegenklage.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1739794

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