Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Urteil vom 08.06.2023; Aktenzeichen 27 C 226/22) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Juni 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die klagenden Mieter begehren von der beklagten Vermieterin die Erteilung einer Erlaubnis zur teilweisen Gebrauchsüberlassung eines der Zimmer der von ihnen angemieteten 3-Zimmer-Wohnung.
Die Rechtsvorgänger der Beklagten schlossen im Februar 2020 einen Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung mit den Klägern zu 1) und 2). Mit Nachtrag zu Mietvertrag vom 29. April 2020 wurde vereinbart, dass der Kläger zu 3) in den Mietvertrag eintritt. Das Mietverhältnis begann am 1. Mai 2020. Der Kläger zu 3) zog im September 2022 aus der streitgegenständlichen Mietsache aus und wohnt seitdem in einem Studentenwohnheim in Berlin.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen von § 553 Abs. 1 BGB lägen vor. Ein berechtigtes Interesse liege darin, die im Innenverhältnis der Kläger auf den Kläger zu 3) entfallende anteilige Mietzahlung auf die beabsichtigte Untermieterin abzuwälzen.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das am 8. Juni 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen (Bl. 60-63 d.A.).
Gegen das ihr am 26. Juni 2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 25. Juli 2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach erfolgter Fristverlängerung bis zum 28. September 2023 mit an gleichem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Berufung rügt, die von den Klägern beabsichtigte Gebrauchsüberlassung stünde nicht mit der Rechts- und Sozialordnung in Einklang, da der Kläger zu 3) weiterhin Mieter der streitgegenständlichen Wohnung sei und zugleich einen neuen Mietvertrag über eine andere Wohnung abgeschlossen habe. Ferner bestünde kein Anspruch auf Erlaubniserteilung, solange sie nicht Einsicht in den Untermietvertrag erhalte. Auch das habe das Amtsgericht verkannt.
In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte Einsicht in den Untermietvertrag erhalten und zudem unstreitig gestellt, dass die Gebrauchsüberlassung tatsächlich so, wie von den Klägern vorgetragen, erfolgen soll.
Die Beklagte beantragt,
das am 8. Juni 2023 verkündete Urteils des Amtsgerichts Mitte abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Den Klägern steht gemäß § 553 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Genehmigung der beabsichtigten teilweisen Gebrauchsüberlassung zu.
1. Gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter von dem Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Ein berechtigtes Interesse des Mieters liegt vor, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 27. September 2023 – VIII ZR 88/22, BeckRS 2023, 32499 Tz. 17, beck-online). Berechtigt ist jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 2018 – VIII ZR 105/17, NZM 2018, 325, juris Tz. 53; Kammer, Urt. v. 17. März 2022 – 67 S 286/21, juris Tz. 12; Urt. v. 9. April 2015 – 67 S 28/15, WuM 2015, 421, juris Tz. 10).
Ein derartiges Interesse von hinreichender Erheblichkeit kommt jedenfalls den Klägern zu 1) und 2) zu. Sie beabsichtigen, die streitgegenständliche Wohnung weiterhin auf Grundlage des bestehenden Mietvertrages zu bewohnen und den bislang auf den Kläger zu 3) entfallenden Mietanteil nach dessen Auszug nicht selbst zu übernehmen. Diesen soll stattdessen die von ihnen ausgewählte Untermieterin tragen, da die Kläger zu 1) und 2) den mittlerweile aus der Wohnung ausgezogenen Kläger zu 3) nicht im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auf seinen bisherigen Mietanteil in Anspruch nehmen möchten. Andernfalls hätten die Kläger zu 1) und 2) zu befürchten, dass der Kläger zu 3) seine nunmehr aus zwei Mietverhältnissen resultierenden Zahlungsverpflichtungen dadurch reduziert, dass er eine Been...