Verfahrensgang
AG Berlin-Lichtenberg (Urteil vom 18.10.2001; Aktenzeichen 4 C 401/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Oktober 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg – 4 C 401/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 I ZPO i. V. m § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Wiederherstellung des Balkons aus § 535 I 2 BGB n. F.
Die Klage ist zulässig.
Der Klageantrag ist ausreichend bestimmt. Der Mieter kann grundsätzlich keine bestimmte Art und Weise der Mängelbeseitigung verlangen. Die Wahl einer bestimmten Art der Mängelbeseitigung trifft der Vermieter (LG Berlin, Urteil vom 13. Oktober 1994 – 62 S 153/94 – GE 1994, 1447). Damit steht dem Vermieter eine gewisse Bandbreite an Maßnahmen offen, die zur Beseitigung des Mangels der Mietsache führen. Die Frage, nach welcher Vorschrift das Urteil ggf. zu vollstrecken ist, ist für das Erkenntnisverfahren irrelevant.
Die Klage ist auch begründet.
Die Beklagten sind passivlegitimiert. Auf die Ausführungen des Amtsgerichts kann Bezug genommen werden. Die Modernisierungsvereinbarung vom 22. September 1999 (Bl. 8 d. A.), mit der gleichzeitig ein Übergang der Vermieterstellung auf die Sanierungsgesellschaft Wendker eintreten sollte, ist irrelevant. Für einen Übergang eines Mietverhältnisses bedarf es einer Vereinbarung zwischen allen Parteien des Mietvertrages, auch mit der gegenwärtigen Vermieterseite. Eine solche ist weder dargelegt noch ersichtlich. Es handelt sich auch nicht um ein einseitiges oder ohne Vertretungsmacht vorgenommenes Rechtsgeschäft, das die Beklagten nunmehr genehmigen könnten.
Die Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters umfasst auch die Wiederanbringung eines Balkons (LG Berlin, Urteil vom 22. Juni 1995 – 62 S 58/95 – GE 1995, 1013).
Im Übrigen kann auf das angefochtene Urteil Bezug genommen werden.
Der Anspruch ist auch nicht verwirkt. § 536 a BGB n. F. lässt schon seinem Wortlaut nach Instandsetzungsansprüche unberührt, eine analoge Anwendung der Vorschrift auf solche Ansprüche kommt nicht in Betracht (vgl. LG Berlin, Urteil vom 21. April 1997 – 62 S 158/96 – MM 1997, 235 zu § 539 BGB a. F.).
Eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Die Frage, ob eine Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung anzunehmen ist, hängt im wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab; deren Würdigung ist Sache des Tatrichters (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1988 – XI ZR 19/88 – BGHR BGB § 242 Verwirkung 7 m. N.). Der Ablauf eines längeren Zeitraumes, innerhalb dessen der Anspruch nicht geltend gemacht worden ist, genügt im allgemeinen allein nicht zur Annahme der Verwirkung. Eine Verwirkung kommt nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. BGH, NJW 1982, 1999 = LM § 1361 BGB Nr. 30). Es ist schon fraglich, ob die erste dieser Voraussetzungen – das Unterlassen der an sich möglichen Geltendmachung des Rechts während einer längeren Zeitspanne – hier angenommen werden kann. Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbestand begründet, besteht in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, dass die Forderung noch verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, dass keine Forderungen mehr geltend gemacht werden und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hat (BGH NJW 1984, 1684). Voraussetzung ist hierbei, dass zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (vgl. BGHZ 105, 290 (298)). Hierfür ist nichts ersichtlich. Dass die Kläger Mieterhöhungen nach § 2 MHG zugestimmt haben, ist irrelevant, denn behebbare Mängel sind in diesem Mieterhöhungsverfahren nicht zu berücksichtigen (OLG Stuttgart GE 1981, 867). Die Weiterzahlung der vollen Miete ist ebenfalls irrelevant, dies könnte nach den obigen Ausführungen allenfalls eine Minderung ausschließen. Über eine solche ist hier nicht zu entscheiden. Ob der Balkon aus der Wohnflächenberechnung herausgenommen worden ist, ist irrelevant. Dies hieße nicht, dass die Kläger auf einen Balkon verzichtet haben. Aus der vorgenannten Modernisierungsvereinbarung ergibt sich nichts für einen Verzicht auf einen Instandsetzungsanspruch. Die Ansicht, dass Umstandsmoment sei erfüllt, weil die Kläger ein gebotenes Tun – Geltendmachung ihrer Rechte – nicht vorgenommen hätten, ist wenig überzeugend. Wenn die Kläger längere ...