Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Urteil vom 27.10.2021; Aktenzeichen 9 C 5/20) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. Oktober 2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 9 C 5/20 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der klagende Mieter begehrt die Zustimmung zur unbefristeten Untervermietung je eines Zimmers in einer von der Beklagten angemieteten 3-Zimmer-Wohnung an zwei Untermieterinnen.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Erlaubniserteilung verurteilt. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der teilweisen Gebrauchsüberlassung. Für die Annahme eines berechtigten Interesses des Klägers sei es ausreichend, dass er die Wohnung unterhalb der Woche teilweise auch weiterhin so zu nutzen beabsichtige, wie es die Beweiserhebung ergeben habe. Dass er zudem mit seiner Familie eine gemietete Doppelhaushälfte in Dallgow-Döberitz bewohne, berühre sein berechtigtes Interesse nicht. Wegen der Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil (Bl. I/170-189 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 02.11.2021 zugestellte Urteil am 18.11.2021 Berufung eingelegt, die sie mit am selben Tage eingegangenen Schriftsatz vom 27.12.2021 begründet hat.
Sie rügt, schon die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei unzutreffend. Der Kläger nutze die Wohnung zudem allenfalls aus Gründen bloßer Bequemlichkeit; diese seien für die Annahme eines berechtigten Interesses i.S.v. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ausreichend. Schließlich sei der auf Erteilung der Erlaubnis gerichtete Antrag des Klägers zu unbestimmt, da nicht klargestellt sei, welche Zimmer er wem überlassen und welches Zimmer er weiterhin selber nutzen wolle.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Teil- und Schlussurteils des Amtsgerichts Mitte vom 27.10.2021 (9 C 5/20) abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gestattung der teilweisen Gebrauchsüberlassung gegen die Beklagte gemaß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu.
Gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter von dem Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse entsteht. Ein berechtigtes Interesse des Mieters liegt vor, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Rechtsentscheid v. 3. Oktober 1984 – VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, juris Tz. 14 (zu § 549 BGB a.F.)). Berechtigt ist jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 2017 – VIII ZR 105/17, NZM 2018, 325, 330, juris Tz. 53; Kammer, Urt. v. 9. April 2015 – 67 S 28/15, NJOZ 2015, 1084, juris Tz. 10). Ein derartiges Interesse kommt dem Kläger nicht zu, da sein Überlassungsinteresse nicht hinreichend gewichtig ist:
Die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung dient dem Kläger – ausweislich seines mehrfach geänderten Vorbringens – nunmehr ausschließlich zur Erzielung von (Unter-)Mieteinnahmen, um damit die von ihm zu tragenden Mietkosten einer von ihm und seiner Familie am Stadtrand von Berlin bewohnten Doppelhaushälfte und die Kosten des gleichwohl fortgesetzten Mietverhältnisses über die streitgegenständliche „Stadtwohnung” zu reduzieren. Zwar sind die aus einer – notwendigen – doppelten Haushaltsführung erwachsenden Mietkosten grundsätzlich geeignet, ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Gebrauchsüberlassung von mehr als nur unerheblichem Gewicht zu begründen (vgl. BGH, Urt. v. 23. November 2005 – VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200, juris Tz. 13). Dem vom Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemachten Interesse an der Senkung seiner Mietbelastung kommt wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles ein hinreichend erhebliches Gewicht jedoch nicht zu.
Die Bemessung der hinreichenden Gewichtigkeit des Interesses wird durch den Gesetzeszweck bestimmt. § 553 Abs. 1 BGB dient ausschließlich dem Bestandsschutz: Das Mietverhältnis soll auch dann aufrechterhalten bleiben, wenn der ...