Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Mieterhöhungsverlangen mit Verweis auf Neubau-Mietspiegelfeld bei vor 1918 errichtetem Gebäude

 

Orientierungssatz

1. Begründet der Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen mit einem Mietspiegelfeld für Neubau, obwohl die Wohnung sich in einem vor 1918 errichteten Gebäude (Altbau) befindet, so muß er die Neubaueigenschaft der Wohnung schon im Mieterhöhungsverlangen erläutern.

2. Ist die Einordnung der Wohnung als Neubau nicht erkennbar gerechtfertigt, so ist der Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung nicht hinreichend dargelegt. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund einer Einordnung der Wohnung als Altbau das Erhöhungsverlangen in der Sache die ortsübliche Miete nicht übersteigen würde.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. Juni 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 103 C 705/03 - abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zustimmung zu einer Anhebung einer Bruttokaltmiete für die von ihnen aufgrund Vertrages vom 1. Oktober 1985 innegehaltene eine Wohnung auf die Höhe des ortsüblichen Vergleichsmietzinses. Mit einem Mieterhöhungsverlangen vom 22. Juli 2003 begehrte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Feld L 6 des Berliner Mietspiegels 2003 die Erhöhung von 444,40 EUR um 88,88 EUR auf 532,68 EUR. Das Gebäude wurde vor 1918 errichtet.

Die Klägerin hat behauptet, die streitgegenständliche Wohnung sei im Krieg derart zerstört worden, dass sie erst 1956 unter Einsatz öffentlicher Mittel wiederhergestellt und bezugsfertig gemacht worden sei.

Die Beklagten sind der Auffassung gewesen, dass das Erhöhungsverlangen mangels Angabe des zutreffenden Altbaumietspiegelfeldes L 2 unwirksam sei.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgeben und das Baujahr (Altbau oder Neubau) offen gelassen, weil die verlangte Miete jeweils unter dem Unterwert der Mietspiegelfelder L 2 und L 6 liege. Das Erhöhungsverlangen sei daher in jedem Fall begründet.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag weiter.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Sie beantragen unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die gemäß §§ 511ff. ZPO zulässige Berufung ist begründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete von 444,40 EUR um 88,88 EUR auf 532,68 EUR ab dem 1. Oktober 2003 gemäß § 558 Abs. 1 BGB zu. Denn die Frist des § 558b Abs. 1 und 2 BGB ist nicht eingehalten worden, weil das Mieterhöhungsverlangen vom 22. Juli 2003 eine Bezugnahme auf das Mietspiegelfeld L 6 (Neubau) des Berliner Mietspiegels 2003 enthält, welche im konkreten Fall erläuterungsbedürftig war, aber nicht erläutert wurde, so dass das Erhöhungsverlangen formell unwirksam ist, § 558a Abs. 1 BGB.

Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens muss aus sich heraus verständlich sein und den Mieter in die Lage versetzen, anhand der darin enthaltenen Angaben seine Zustimmungspflicht zu überprüfen. Unschädlich ist dabei eine falsche Angabe des zur Begründung herangezogenen Mietspiegelfeldes immer dann, wenn es dem Mieter ohne große Mühe möglich ist, zu erkennen, von welchen Daten der Vermieter ausgeht, und er die unzutreffende Angabe selbst zu ersetzen imstande ist. Dies ist etwa bei einer versehentlichen Falschbezeichnung im Erhöhungsverlangen, die der Mieter erkennen kann, der Fall. Ein Mieterhöhungsverlangen ist unter diesen Umständen nicht allein deshalb unwirksam (vgl. LG Berlin, GE 1989, 91 und 1121; Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozessrecht, 3. Aufl., § 558a, Rdnr. 6).

Die Umstände des vorliegenden Falls unterscheiden sich jedoch in tatsächlicher Hinsicht von dieser Konstellation. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die Angabe des Mietspiegelfeldes L 6 im streitgegenständlichen Erhöhungsverlangen zutreffend sei, weil es sich bei der von den Beklagten innegehaltenen Wohnung um einen im Jahre 1956 nach vorangegangener kriegsbedingter Zerstörung wiederhergestellten Neubau handele. Für die Entscheidung des Falles kann offen bleiben, ob es sich tatsächlich um einen Neubau oder - wie die Beklagten einwenden - um einen Altbau handelt, für den ihrer Auffassung nach das Mietspiegelfeld L 2 einschlägig sei. Denn jedenfalls handelt es sich bei dem ursprünglich vorhandenen Gebäude unstreitig um einen Altbau aus den Jahren vor 1918, so dass ein nachträglich geänderter Zeitpunkt der ...

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