Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 19.12.1996; Aktenzeichen 11 C 276/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Beklagten – das am 19. Dezember 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 11 C 276/96 – wie folgt geändert:
- Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Miete von derzeit 673,29 DM netto/kalt um 201,99 DM auf 875,28 DM netto/kalt zum 01. Juni 1996 für ihre Wohnung im Objekt … Berlin, gelegen im dritten Obergeschoß rechts, zuzustimmen.
- Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 5431 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.
Auch in der Sache hat die Berufung Erfolg, die Anschlußberufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten gemäß § 2 MHG einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf 875,28 DM netto kalt.
Das Mieterhöhungsverlangen vom 7. März 1996 genügt der gesetzlichen Formerfordernissen.
Die 1956 bezugsfertige Wohnung weist eine Fläche von 94,38 m² auf und ist unstreitig in das Feld L 8 einzuordnen.
Anwendung findet der Mietspiegel 1996, da sein Erhebungsstichtag vor dem Wirksamkeitszeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens liegt (Landgericht Berlin – 62 S 179/96 – GE 1996, 1547).
Damit liegt unter Berücksichtigung der ortsüblichen Betriebskosten von 2,39 DM/m² die ortsübliche Netto-Kaltmiete im Bereich von 6,35 DM bis 11,42 DM, bei einem Mittelwert von 7,55 DM, jeweils pro Quadratmeter.
Die Wohnung ist unstreitig gut belichtet und besonnt, weist eine große Loggia auf, sowie eine verstärkte Elektrosteigleitung und eine Gegensprechanlage.
Damit sind die Merkmalsgruppen 3 und 4 des Mietspiegels positiv zu bewerten. Denn bei der Anwendung der Orientierungshilfe zum Mietspiegel 1996 reicht ein Überwiegen von Merkmalen (LG Berlin – 62 S 179/96 – GE 1996, 1547).
Unter Berücksichtigung des unstreitigen Sondermerkmals „Einzelhandel” (0,44 DM/m²) und Addition von 50 % des Spannenoberwertes (1,93 DM/m²) ergibt sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 9,92 DM/m².
Die verlangte Mieterhöhung auf 9,27 DM/m² hält sich auch innerhalb der Kappungsgrenze des § 21 l Nr. 3 MHG.
Die Kappungsgrenze gilt grundsätzlich auch für den Sonderfall des Überganges vom öffentlich geförderten zum freifinanzierten Wohnungsbau.
Jedoch gilt ausnahmsweise keine Kappungsgrenze, wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau von Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist, soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt (§ 21 a MHG). Diese Vorschrift ist nicht auf die erste Mieterhöhung nach Mietpreisbindung beschränkt, sondern gilt nach ihrem Wortlaut solange, bis die gezahlte Miete die ehemalige Sozialmiete zuzüglich Fehlbelegungsabgabe erreicht hat.
Durch dies gesetzliche Regelung soll sichergestellt werden, daß die Belastung des Mieters mit Wohnkosten nach Ende der Mietpreisbindung nicht sinkt, obwohl eine Miete in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete eine gleich hohe Belastung bedeuten wurde.
Daraus folgt, daß nicht nur die Mieterhöhung nach § 2 MHG in Höhe der nunmehrigen Zahlung der Fehlbelegungsabgabe an den Vermieter ohne Kappungsgrenze vorgenommen werden kann, sondern daß diese Erhöhung auf die zukünftige Berechnung der Kappungsgrenze keinen Einfluß hat, denn § 21 a MHG schreibt ausdrücklich vor, daß § 21 l Nr. 3 MHG nicht anzuwenden ist.
D.h., daß die Fehlbelegungsabgabe der Miete hinzugerechnet werden muß, wenn es um die Ausgangsmiete geht, die der Berechnung der Kappungsgrenze zugrunde zu legen ist, denn insoweit zahlt der Mieter nicht mehr Miete als früher und ist damit nicht schützenswert.
Die von den Beklagten angeführte Entscheidung des OLG Stuttgart (WuM 1989, 552) ist schon deshalb nicht einschlägig, da die hier zugrunde liegende gesetzliche Regelung erst später eingefügt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Schach, Pawlizki, Reih
Fundstellen