Entscheidungsstichwort (Thema)
Position der Unterschrift eine Mieterhöhungsverlangens. Abschlußfunktion der Unterschrift
Orientierungssatz
1. Da der Abschlussfunktion der die Schriftform wahrenden Unterschrift beim Mieterhöhungsverlangen eine geringere Bedeutung zukommt als beim Testament (Anschluss, KG Berlin, 22.02.1984, 8 W RE-Miet 194/84) gelten die Grundsätze über die sich aus der Abschlussfunktion ergebende Position der Unterschrift des Testamentes erst recht.
2. Es genügt, wenn die Unterschrift des Mieterhöhungsverlangens unter dem Textblock der ersten Spalte steht, auch wenn sich das Ende des Textblockes der zweiten Spalte unterhalb der Unterschrift in der ersten Spalte befindet.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Januar 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 17 C 296/95 - abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung des Nettokaltmietzinses für die von ihm innegehaltene Wohnung im Hause ..., 1. OG links, ... Berlin von 242,83 DM um 36,03 auf 278,86 DM ab dem 1. Juli 1995 zuzustimmen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 2/7, der Beklagte zu 5/7 zu tragen.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig begründet worden. Die Beschwer beträgt mehr als 1.500,00 DM (42 x 50,57 DM = 2.123,94 DM; BVerfG, GE 96, 600).
Die mithin zulässige Berufung hat in der Sache teilweisen Erfolg, soweit der Klägerin ein Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von 242,83 DM um 36,03 DM auf 278,86 DM zusteht. Die weitergehende Berufung ist zurückzuweisen.
Die Klägerin hat durch ihr Schreiben vom 25. April 1995 ein gem. § 2 MHG wirksames Mieterhöhungsverlangen an den Beklagten gerichtet; insbesondere genügt es dem Unterschriftserfordernis des § 126 BGB.
Der Unterschrift unter Blatt 2 des Mieterhöhungsverlangens bedurfte es nicht. Sowohl das Mieterhöhungsschreiben vom 25. April 1995 wie auch die auf Seite 2 aufgeführte "Berechnung der neuen Miete" bzw. "Ermittlung der Vergleichsmiete für ihre Wohnung" enthalten gegenseitige Bezugnahmen. So heißt es auf Blatt 1 oberhalb der gem. § 8 MHG zulässig mit Hilfe einer automatischen Einrichtung gefertigten Unterschrift: "Die Ermittlung der Vergleichsmiete für ihre Wohnung innerhalb der Preisspannen - gegebenenfalls unter Anwendung der Orientierungshilfe bzw. der Sondermerkmale des Mietspiegels - entnehmen sie bitte der linken Seite von Blatt 2 dieses Mieterhöhungsverlangens." Auf Seite 2 des Mieterhöhungsverlangens wird wiederum deutlich, daß beide Blätter durch die Bezugnahme "Blatt 2 zum Mieterhöhungsverlangen vom 01.07.1995 - für Wohnung ... - Begründungsmittel Mietspiegel" eine Einheit bilden und als ein wirksames Mieterhöhungsverlangen aufzufassen sind. Diese Bezugnahmen im Text auf das jeweils andere Blatt ergeben zweifelsfrei ihren Zusammenhang. Das vorliegende Mieterhöhungsbegehren ist daher den Fällen gleichzustellen, in denen die nicht unterschriebene Anlage zum Mieterhöhungsbegehren die Aufstellung von Vergleichswohnungen enthält. Das Blatt 2 enthält nämlich nicht die auf das Mieterhöhungsverlangen gerichtete Willenserklärung, sondern lediglich Tatsachenbehauptungen, die jene begründen sollen (KG Rechtsentscheid vom 22. Februar 1984, GE 84, 325; LG München I., WuM 93, 335; AG Charlottenburg, GE 83, 1069; Gelhaar, GE 83, 1040).
Das Mieterhöhungsbegehren genügt auch auf Blatt 1 dem Unterschriftserfordernis des § 126 BGB.
Es ist anerkannt, daß die Vorschrift des § 126 BGB auch für Mieterhöhungsbegehren, für welche gem. § 2 MHG die Schriftform vorgesehen ist, anzuwenden ist (KG, a.a.O.; Gelhaar, a.a.O). Gleichwohl ist zwischen dem Sinn und Zweck der Formvorschrift im allgemeinen und der Norm, die die Wahrung einer bestimmten Form vorschreibt, zu unterscheiden, da diese verschiedene Ziele verfolgen können (KG, a.a.O.). So soll bei zweiseitigen Willenserklärungen - wie Verträgen - die Grenze zwischen bloßen Vorverhandlungen und dem Abschluß eines bestimmten Rechtsgeschäftes klar unterscheidbar bleiben (BGH, NJW-RR 90, 519 zu Mietvertragsnachträgen).
Auch bei einseitigen Willenserklärungen kann der Schutzbereich des Schrifterfordernisses divergieren. Insbesondere bei den den Unterzeichner (möglicherweise) belastenden Willenserklärungen dient das Formerfordernis der Unterschrift dem Interesse an der Beweisführung und der Offenlegung des Geschäftsinhalts. Darüberhinaus kommt dem Unterschriftserfordernis in diesen Fällen vor allem eine Schutz- und Warnfunktion zu (BGH, NJW 95, 43 zur Bürgschaft).
Die Mieterhöhungserklärung des Vermieters nach § 2 Abs. 2 MHG ist demgegenüber eine einseitige Willenserklärung, die dem Vermieter lediglich Vorteile bringen kann und soll. Dem Formzwang kommt in diesem Zusammenhang ausschließlich insoweit die Bedeutung zu, als das Interesse an der Beweisführung und Offenlegung des Geschäfts...