Leitsatz (amtlich)
1. Fällt im Beschwerdeverfahren eine Festgebühr an, kommt eine Wertfestsetzung von Amts wegen für die Gerichtsgebühren nicht in Betracht.
2. Beantragen die Verfahrensbevollmächtigten beider Parteien gemäß § 33 RVG Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren, kann dies zu unterschiedlichen Wertfestsetzungen führen.
3. Im erstinstanzlichen Rechtsstreit fällt für die Rechtsanwälte eine Terminsgebühr nach RVG VV 3104 Abs. 1 Nr. 1 auch dann an, wenn das Gericht ein Anerkenntnisurteil erlässt, obwohl nach dem Anerkenntnis aber noch vor dem Erlass des Urteils der Rechtsstreit bereits übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt war. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Anerkenntnisurteil rechtskräftig wird.
Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 14.08.2006; Aktenzeichen 8 C 223/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Bonn vom 14.08.2006 - 8 C 223/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits im Ergebnis zu Recht den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Mit Recht weist die Beschwerde allerdings darauf hin, dass nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen eine Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO angestanden hätte. Hingegen hätten die Beklagten nicht mehr gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt werden dürfen, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 01.08.2006 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und demzufolge eine Verurteilung der Beklagten nicht mehr beantragt hatte (§ 308 Abs. 1 ZPO). Ein Anerkenntnis führt entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht zu einem Wegfall der Rechtshängigkeit mit der Folge, dass die anschließende Erledigungserklärung unbeachtlich gewesen wäre.
Ob die angefochtene Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren nach § 99 Abs. 2 ZPO durch eine das Anerkenntnisurteil nicht berücksichtigende Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO ersetzt werden könnte, obwohl das beide Parteien beschwerende Anerkenntnisurteil in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn die Rechtsgedanken der §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 93 und 93b Abs. 3 ZPO sind auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Nach Auffassung der Kammer entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten als Gesamtschuldnern aufzuerlegen, weil sie ohne übereinstimmende Erledigungserklärung ihrem Anerkenntnis gemäß hätten verurteilt werden müssen (§ 307 Abs. 1 ZPO) und in diesem Fall die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen gehabt hätten.
Etwas anderes folgt nicht aus dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO. Dabei kann offen bleiben, ob das Anerkenntnis der Beklagten als sofortiges Anerkenntnis anzusehen ist. Denn jedenfalls haben die Beklagten dem Kläger durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, indem sie mit außergerichtlichem Schreiben vom 16.05.2006 die Wirksamkeit der dem Räumungsbegehren zu Grunde liegenden Kündigung in Abrede gestellt haben. Unter diesen Umständen konnte der Kläger nicht davon ausgehen, seinen Anspruch ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe durchsetzen zu können, wenn er sich nicht auf die von den Beklagten angeregten Vergleichsgespräche einlassen wollte. Ob der geltend gemachte Räumungsanspruch dem Kläger tatsächlich zustand, ist nach dem Anerkenntnis der Beklagten nicht mehr zu prüfen.
Auch der Rechtsgedanke des § 93b Abs. 3 ZPO gibt keine Veranlassung zu einer den Beklagten günstigen Kostenentscheidung. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise dem Kläger auferlegen, wenn der Beklagte den Anspruch auf Räumung von Wohnraum sofort anerkennt, wenn ihm jedoch eine Räumungsfrist bewilligt wird und wenn er bereits vor Erhebung der Klage unter Angabe von Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses oder eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist vom Kläger vergeblich begehrt hatte. Jedenfalls der letztgenannten Voraussetzung fehlt es. In ihrem außergerichtlichen Schreiben vom 16.05.2006 haben die Beklagten nämlich nicht (nur) die Fortsetzung des Mietverhältnisses (§ 574 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder eine Räumungsfrist verlangt. Sie haben vielmehr darüber hinaus die Wirksamkeit der Kündigung angegriffen und sich zu einem Auszug nur im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung bereit erklärt. Dies reicht für die Anwendung von § 93b Abs. 3 ZPO nicht aus. Auch in ihrem außergerichtlichen Schreiben vom 23.06.2006 haben die Beklagten nicht die Gewährung einer Räumungsfrist begehrt, sondern haben entgegen dem vorangegangenen Schreiben lediglich angekündigt, die Wohnung innerhalb der Kündigungsfrist zu räumen. Eine solche Ankündigung fällt ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich von § 93b Abs. 3 ZPO. Sie wäre v...