Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietvertrag über eine Werkswohnung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Sieht der Mietvertrag über eine zweckbestimmte öffentlich geförderte Werksmietwohnung vor, daß nach Ablauf von fünf Jahren das Mietverhältnis vom Arbeitsverhältnis werde, richtet sich ab diesem Zeitpunkt die ordentliche Kündigung nach den allgemeinen Vorschriften.
(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
2. Die Absicht der Überlassung einer nicht (mehr) zweckbestimmten Wohnung an einen Betriebsangehörigen des Vermieters rechtfertigt nicht ein Kündigungsinteresse.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Räumung der von ihm aufgrund des Mietvertrages vom 1.8.1976 innegehaltenen Wohnung. Diese Wohnung ist öffentlich gefördert und für Betriebsangehörige der Fa. E. zweckbestimmt gewesen. Nachdem die Fa. E. der Klägerin durch Schreiben v. 29.4.1985 mitgeteilt hat, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten mit Zustimmung des Betriebsrates wegen "gravierender Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten" zum 22.1.1985 fristlos gekündigt worden war, hat die Klägerin mit Schreiben v. 14.5.1985 unter Hinweis hierauf die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt.
Wegen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist derzeit ein Rechtsstreit vor dem zuständigen Arbeitsgericht anhängig. Der Beklagte hat die Wohnung nicht geräumt. Die Klägerin ist der Auffassung, daß der Beklagte durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses das Recht zur weiteren Nutzung der Wohnung verloren habe. Der anhängige Kündigungsschutzprozeß vor dem Arbeitsgericht ändere hieran nichts. Die Regelung in § 4 Abs. 3 Ziffer 5 des Mietvertrages besage wegen der vertraglich vereinbarten Zweckbestimmung nur, daß sich nach Ablauf von 5 Jahren die Kündigungsfristen verlängern, habe jedoch keinen Einfluß auf die Kündigungsgründe.
Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen. Nach Ablauf von 5 Jahren werde das Mietverhältnis vertragsgemäß von dem zunächst zweckbestimmend zugrundegelegten Arbeitsverhältnis unabhängig. Gründe für eine ordentliche Kündigung nach den allgemeinen Vorschriften seien nicht vorgetragen. Der Auffassung der Klägerin, daß bei öffentlich geförderten Werkmietwohnungen nach Überschreitung der in § 24 des 1. WoBauG bzw. § 53 des 2. WoBauG genannten und im vorliegenden Fall auch in § 4 Abs. 3 Ziffer 5 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages erwähnten 5 Jahre sich lediglich die Kündigungsfrist gemäß den in § 565 BGB genannten Zeiträumen verlängere, schloß sich das AG nicht an.
Entscheidungsgründe
Die Kammer folgt im wesentlichen den Gründen des angefochtenen Urteils (§ 543 ZPO).
Grundlage für die Kündigung der Wohnung ist auch nicht Eigenbedarf oder ein ihm gleichgestelltes Interesse an der Kündigung wegen Betriebsbedarfs (§ 564b BGB). Der entsprechend mit der Berufung angeführte Rechtsvortrag bleibt somit ebenfalls ohne Erfolg.
Ein Fall des Eigenbedarfs ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Berufungsklägerin nicht behaupten kann, den Wohnraum für eigene Zwecke zu benötigen.
Aber auch der für die Fa. E. geltend gemachte Betriebsbedarf kann hier nicht eine Kündigung nach § 564b BGB begründen. Die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung (§ 4 Abs. 3 i.V. mit Nr. 5 der Anlage), wonach nach Ablauf von 5 Jahren das Mietverhältnis unabhängig von dem Arbeitsverhältnis wird, klammert den Betriebsbedarf zur Begründung des berechtigten Interesses nach Ablauf dieser Zeitspanne aus. Denn diese Formulierung kann nur bedeuten, daß die besondere Zweckbestimmung als Werkswohnung für die Zeit aufgehoben worden ist, die der Berufungsbeklagte persönlich nach Ablauf von 5 Jahren dort noch wohnt. Nach dieser Zeitspanne steht der Beklagte folglich so, wie jeder andere Mieter der Berufungsklägerin in einer nicht zweckbestimmten Wohnung auch.
Der zur Vermeidung von Mißverständnissen angeführte Hinweis auf die allgemeinen Kündigungsvorschriften (Nr. 5 der Anlage zum Mietvertrag) hilft der Berufungsklägerin somit nicht: Die Absicht der Überlassung einer nicht zweckbestimmten Wohnung an einen Betriebsangehörigen des Vermieters rechtfertigt kein Kündigungsinteresse (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, B 489). Dies muß um so mehr gelten, wenn die Berufungsklägerin hier nur zugunsten der Fa. E. als Vermieterin auftritt.
Fundstellen