Verfahrensgang

AG Dinslaken (Aktenzeichen 32 C 66/04)

 

Gründe

Entscheidungründe:

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 17.04.2003 in ... vor der Realschule auf der Strasse "..." ereignet hat. Der Beklagte zu 1) fuhr ein 50 ccm-Moped mit dem amtlichen Kennzeichen ..., der Kläger ein Mofa. Die Beklagte zu 2) ist der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1).

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 1) habe ihn bei einem unsachgemäßen Überholvorgang dadurch zu Fall gebracht, dass er zunächst rechts überholt und dann zu früh nach links eingeschwenkt sei. Dadurch habe er entweder den Kläger berührt oder dieser sei durch das erforderliche Ausweichmanöver gestürzt.

Die Beklagten haben behauptet, der Kläger sei ohne Fremdeinwirkung gestürzt.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ..., ... und _. Es hat aufgrund der Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass der Beklagte zu 1) versucht habe, den Kläger verbotswidrig rechts zu überholen und dabei keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe. Die Schadenspositionen seien nicht ausreichend substantiiert bestritten. Das Schmerzensgeld sei mit 1.000 EUR angemessen, da der Kläger unstreitig einen Trümmerbruch des rechten Ellenbogengelenks erlitten habe.

Gegen das am 21.05.2004 beiden Beklagten, die beide vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) vertreten wurden, zugestellte Urteil hat allein der Beklagte zu 1) frist- und formgerecht Berufung eingelegt und begründet, mit der er die Abweisung der Klage erstrebt. Die Beklagte zu 2) hat gegen das angefochtene Urteil kein Rechtsmittel eingelegt und den ausgeurteilten Betrag am 27.05.2004 nebst Zinsen an den Kläger gezahlt.

Der Beklagter zu 1) ist der Ansicht, das amtsgerichtliche Urteil berücksichtige nicht genügend den Umstand, dass sich der Kläger und der Beklagte zu 1) ein "Rennen geliefert" hätten. Dies führe zu einem Haftungsausschluss.

Der Kläger ist der Ansicht, der Berufung fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger befriedigt und der Beklagte zu 1) durch die Zahlung der Beklagten zu 2) frei geworden sei.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet, da dem Kläger gegen den Beklagten zu 1) aus dem Unfall vom 17.04.2003 ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch weder aus §§ 7, 18 StVG noch aus §§ 823, 253 BGB zusteht.

1.

Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt dem Beklagten zu 1) nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die gegen das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken eingelegte Berufung, auch wenn die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer mit befreiender Wirkung an den Kläger aufgrund der gegen sie rechtskräftigen Verurteilung geleistet hat. Denn die Beklagten sind als einfache Streitgenossen im Sinne des § 59 ZPO anzusehen. Bei der einfachen Streitgenossenschaft (§§ 59 und 60 ZPO) werden Klagen lediglich aus Gründen der prozessualen Zweckmäßigkeit in einem einheitlichen Verfahren zusammen gefasst, die Entscheidung kann aber für oder gegen jeden Streitgenossen anders ausfallen; es wären also genauso gut Einzelklagen möglich. Folge der Streitgenossenschaft ist zwar zunächst die Einheit des Verfahrens, dabei unterliegen die Streitgenossen aber sowohl im Hinblick auf ihre Person als auch im Hinblick auf die von ihnen oder gegen sie vorgenommenen Prozesshandlungen einer selbständigen Beurteilung. Bei der Klage des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung und den Versicherungsnehmer liegt nach mittlerweile herrschender Ansicht eine einfache Streitgenossenschaft vor (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004 § 62 Rdnr. 8 a). Die einfachen Streitgenossen sind im Prozess zwar faktisch verbunden, rechtlich aber absolut unabhängig. Deshalb kommt es für die Zulässigkeit der Berufung auch allein darauf an, dass der Beklagte zu 1) durch das angefochtene Urteil formell beschwert ist.

Daran ändert es nichts, dass im Verhältnis der Beklagten untereinander der Beklagte zu 1) die rechtskräftige Verurteilung der Beklagten zu 2) gemäß § 3 Nr, 10 PflVG gegen sich gelten muss, es sei denn er kann der beklagten zu 2) nachweisen, dass sie ihrer Pflicht zur Abwehr oder zur Minderung unbegründeter Schadensersatzansprüche schuldhaft nicht genügt hat, indem sie beispielsweise eine aussichtsreiche Berufung nicht eingelegt hat. Denn diese Frage berührt allein das Verhältnis der Beklagten untereinander und hat keine Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis des Beklagten zu 1) im Verhältnis zum Kläger, gegen eine Verurteilung das in der Prozessordnung vorgesehene Rechtsmittel einzulegen.

2.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu. Das Amtsgericht hat, worauf der Beklagte zu 1) zu Recht hinweist, nicht genügend beachtet, dass der Kläger und der Beklagte zu 1) ein gemäß § 29 Abs. 1 StVO verbotenes Rennen veranstaltet haben.

a)

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass sich die beiden Unfallbeteiligten ein Rennen geliefert haben. Dies haben alle Zeugen übereinstimmend bekundet. Diese Aussagen sind glaubhaft, weil d...

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