Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentum: Anfechtbarkeit von Negativbeschlüssen. Wohnungseigentum: Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen. Wohnungseigentum: Instandsetzung von Gegenständen eines Sondernutzungsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Negativbeschlüsse sind nicht anfechtbar (entgegen AG Kerpen NJW-RR 1991, 1991-03-19, 15 (16) II 19/90, 1236).

2. Eine plattierte Terrasse, der jegliche vertikale Abgrenzung fehlt, ist kein Raum und kann deshalb nicht Gegenstand des Sondereigentums sein.

3. Instandsetzungsmaßnahmen, die mit baulichen Veränderungen verbunden sind, an Gegenständen, die einem Sondernutzungsrecht unterliegen, fallen in die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht des Sondernutzungsberechtigten.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dem Amtsgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Beschwerdewert: DM 7.300,--.

 

Gründe

Wegen des Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

Durch diesen hat das Amtsgericht einen Antrag, mit dem die Antragsgegner als Wohnungseigentümergemeinschaft der betroffenen Anlage verpflichtet werden sollten, die Terrasse der Antragstellerin instandzusetzen, als unzulässig zurückgewiesen, weil ein entsprechender Antrag der Antragstellerin auf einer Wohnungseigentümerversammlung bestandskräftig abgelehnt worden sei. Das Amtsgericht ist insoweit einer Entscheidung des AG Kerpen vom 19.3.1991 (NJW-RR 1991.1236) gefolgt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt.

Die Antragsgegner verteidigen den angefochtenen Beschluß und tragen außerdem vor, daß es sich bei der Terrasse um Sondereigentum der Antragstellerin handele, für das sie sowieso nicht zuständig seien. Selbst wenn hier ein bloßes Sondernutzungsrecht anzunehmen sei, sei dessen Instandhaltung Sache der Antragstellerin als der Berechtigten.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1 WEG) und in dem Umfange, wie er sich aus dem Tenor ergibt, auch begründet.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht den Verpflichtungsantrag der Antragstellerin als unzulässig angesehen. Der Rechtsansicht des AG Kerpen, auf das sich das Amtsgericht bei seiner Entscheidung gestützt hat, vermag die Kammer nicht zu folgen.

Dem Amtsgericht ist einzuräumen, daß das AG Kerpen seine Entscheidung, auch sogenannte Negativbeschlüsse müßten innerhalb der in § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG bestimmten Monatsfrist angefochten werden, wenn ihnen keine Rechtswirksamkeit zukommen soll, und dabei müßte notwendigerweise der Anfechtungsantrag mit einem Regelungsantrag verbunden werden, ausführlich begründet hat. Dennoch überzeugen diese Gründe nicht. Sie verkennen, daß Gegenstand einer Abstimmung in der Wohnungseigentümerversammlung ein bestimmter Antrag ist. Wird dieser Antrag mit der erforderlichen Mehrheit angenommen, so kommt ein Beschluß dieses Inhalts zustande. Wird dieser Antrag aber abgelehnt, so steht lediglich fest, daß dieser Antrag nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat, ein Beschluß also gerade nicht zustandegekommen ist. Hierin erschöpft sich die rechtliche Bedeutung dieser Abstimmung. Einen weitergehenden Inhalt hat ein solcher Abstimmungsakt der Wohnungseigentümerversammlung nicht. Sicher hat die Mehrheit ihre Gründe, warum sie einen Antrag ablehnt. Dadurch werden aber diese Gründe nicht zum Inhalt der Abstimmung, weil der Abstimmungsakt nicht etwas zum Gegenstand haben kann, was gar nicht zur Abstimmung gestellt worden ist. Will die Wohnungseigentümergemeinschaft das Gegenteil des Antragsgegenstandes geregelt wissen, so muß sie ihrerseits einen entsprechenden Antrag zur Abstimmung stellen und hierüber einen Beschluß fassen. Nur auf diese Weise kann die Gemeinschaft ihre Gründe, die sie veranlaßt haben, den Antrag des einen Wohnungseigentümers abzulehnen, zu einer verbindlichen Regelung erheben. Alsdann mag der Wohnungseigentümer, der den ursprünglichen - abgelehnten - Antrag gestellt hatte, diesen weitergehenden Beschluß anfechten und zur Überprüfung durch das Wohnungseigentumsgericht stellen.

Diese Auffassung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main - 8.4.1980 - OLGZ 1980.418 (419); OLG Zweibrücken - 6.7.1987 - NJW-RR 1987.1367 (1368)) und der herrschenden Meinung in der Literatur (Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 23 RN 33; Weitnauer, WEG, § 23 RN 7). Hiervon abzuweichen bietet die Entscheidung des AG Kerpen keinen Anlaß.

Es besteht auch keine sachliche Notwendigkeit, sogenannte Negativbeschlüsse der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG zu unterwerfen. Da sie entgegen der Ansicht des AG Kerpen gerade nichts regeln, bedarf es auch keiner alsbaldigen Klärung ihrer Wirksamkeit, was letztlich Sinn der Anfechtungsfrist ist. Da der mit seinem Antrag unterlegene Wohnungseigentümer etwas von der Gemeinschaft will, mag dieser allein darüber befinden, ob und wann er das Gericht über ein...

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