Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung nach BGB § 554a

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Zieht der für die vom Vermieter behaupteten Störungen verantwortliche Mieter aus, so ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den übrigen Mietern nicht unzumutbar im Sinne des BGB § 554a.

 

Tatbestand

Die Beklagten mieteten ab 16.5.1985 von der Klägerin eine 3-Zimmer- Wohnung im Hause. Bereits im Juli und August 1985 beschwerten sich mehrere Mieter in dem Haus über Störungen durch die Beklagten, und zwar wegen unerträglichen Geruchs aus der Wohnung und nächtlichen Lärms. Außerdem habe der Beklagte aus dem Fahrradraum Gegenstände entwendet. Nachdem die Klägerin mit Schreiben v. 22.7., 7.8. und 14.8.1985 die Beklagten wegen dieser Beschwerden abgemahnt hatte, kündigte sie das Mietverhältnis mit Schreiben vom 20.8.1985 fristlos.

Mit Schreiben vom 28.8.1985 erwiderte der Beklagte auf die Kündigung und stellte den ihm angelasteten Diebstahl in Abrede. Er erklärte gleichfalls, daß er für Ende August 1985 die Kündigung annehmen möchte und ausziehen werde. Das Mietverhältnis solle aber mit seiner Ehefrau im Hinblick auf den gemeinsamen kleinen Sohn erhalten bleiben. Sein Zimmer wolle er an seine 21-jährige, im Studium befindliche Tochter abgeben und hoffe, daß mit dieser Regelung die Ruhe im Haus wieder hergestellt werde. Mit einem Schreiben v. 6.9.1985 haben die Beklagten den Diebstahl eines Kettcars und Fahrrades bestritten und darauf hingewiesen, daß die Klägerin die Entlassung des beklagten Ehemannes aus dem Mietvertrag verweigert habe. Nachdem am 15.10.1985 in der Wohnung der Beklagten ein Brand entstanden war, hat die Klägerin mit Schreiben v. 18.10.1985 das Mietverhältnis erneut fristlos gekündigt.

Mit vorliegender Klage begehrt sie Räumung und Herausgabe. Nachdem der beklagte Ehemann ausgezogen ist, haben die Parteien insoweit den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Der Räumungsklage gegenüber der Beklagten hat das AG stattgegeben. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe das ihm zur Last gelegte Verhalten eingeräumt und dadurch den Hausfrieden erheblich gestört. Die Beklagte müsse sich das Verhalten ihres Ehemannes zurechnen lassen.

Die Beklagte meint, etwaige Störungen des Hausfriedens, die allein durch ihren Ehemann verursacht worden seien, habe sie sich nicht zurechnen lassen müssen. Schließlich sei der Beklagte in Anbetracht dessen auch aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Sie habe sich von ihm getrennt. In jedem Fall wäre aber die Aufrechterhaltung des Räumungsverlangens der Klägerin ihr gegenüber als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten.

 

Entscheidungsgründe

Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die fristlosen Kündigungen der Klägerin beendet worden, so daß die Beklagte zur Räumung und Herausgabe nicht verpflichtet ist. Voraussetzungen für die fristlose Kündigung nach § 554a BGB sind erhebliche Vertragsverletzungen und Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter. Mit Schreiben v. 20.8.1985 wurde die erste fristlose Kündigung seitens der Klägerin ausgesprochen. Die den Beklagten gemachten Vorwürfe haben diese teilweise eingeräumt. Sie haben sowohl für die Geruchsentwicklung als auch für die Lärmbelästigung entsprechende Erklärungen abgegeben. Danach soll es sich in beiden Fällen um Tätigkeiten im Rahmen ihrer Künstlerberufe gehandelt haben, die mit diesen Folgeerscheinungen verbunden gewesen seien. Es kann dahinstehen, ob das Verhalten der Beklagten ihre vertraglichen Pflichten und insbesondere den Hausfrieden in erheblichem Maße verletzt hat.

Die Klägerin kann sich nämlich angesichts des gesamten Verlaufs des Mietverhältnisses bis zu diesem Zeitpunkt und auch in den folgenden Wochen nicht darauf berufen, daß ihr die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Wie sich aus dem Schreiben der Beklagten ergibt, hat bereits die Beklagte in einem Schreiben v. 12.8.1985, das aber nicht vorliegt, mit der Klägerin Kontakt aufgenommen, wobei es unter Berücksichtigung der Beschwerden und Mahnungen um die Fortsetzung des Mietverhältnisses allein mit ihr gegangen sein muß. Jedenfalls hat der beklagte, Ehemann in seinem Schreiben v. 28.8.1985 unmißverständlich darauf hingewiesen, daß er, der für die behaupteten Störungen verantwortlich sei, aus der Wohnung ausziehen und aus dem Mietverhältnis ausscheiden wolle. In Anbetracht seiner beiden Kinder und seiner Ehefrau wolle er die Wohnung diesen an den Belästigungen nicht Beteiligten erhalten.

Hierauf ist, wie der gesamte Verlauf des Rechtsstreits ergibt, die Klägerin nicht eingegangen. Sie hat vielmehr, nachdem es erneut zu einem störenden Vorfall in der Wohnung der Beklagten kam, das Mietverhältnis beiden gegenüber gekündigt und im Anschluß daran Räumungsklage erhoben. Die Klägerin hat eine sich anbietende vernünftige Lösung zur Behebung der Schwierigkeiten im Mietverhältnis mit den Beklagten nicht aufgegriffen. Statt dessen hat sie am 20.8.1985 die erste fristlose Kündigung ausg...

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