Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung wegen Störung des Hausfriedens durch erwachsene Söhne des Mieters
Orientierungssatz
Wenn die erwachsenen Söhne der Mieterin den Hausfrieden so nachhaltig stören, daß der Vermieterin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, vermag sie zur ihrer Entlastung nicht vorzubringen, es sei für sie schwierig, sich bei den Kindern 100%ig durchzusetzen. Gelingt es ihr nicht, bei den Söhnen die Einhaltung der Hausordnung zu erreichen, hätte sie die volljährigen Söhne veranlassen müssen, sich eine andere Wohnung zu suchen.
Tatbestand
Durch Mietvertrag vom 16.4.1970 vermietete die Klägerin der Beklagten die im Urteilstenor näher bezeichnete Wohnung für einen monatlichen Mietzins von 71,-- DM. Mit Schreiben vom 2.4.1974 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gemäß §§ 553, 554a BGB fristlos und forderte die Beklagte auf, das Räumungsverlangen bis 15.4.1974 anzuerkennen und die Wohnung bis 30.4.1974 zu räumen. Zur Begründung ihres Räumungsanspruchs führte die Klägerin aus, die erwachsenen Söhne K.-H. und E. der Beklagten randalierten seit längerer Zeit in unzumutbarer Weise in dem Hause, wodurch die Mitmieter erheblich gestört und ihr Eigentum beschädigt würde.
Als die Beklagte dem Räumungsverlangen der Klägerin nicht nachkam, hat diese Räumungsklage erhoben.
Die Klägerin hat behauptet:
Bereits seit mehreren Monaten tyrannisierten die Söhne der Beklagten K.-H. und E. trotz mehrfacher Abmahnungen durch die Klägerin die übrigen Mieter des Hauses. Besonders die ausländischen Mitmieter würden von den Söhnen der Beklagten und den Söhnen zweier anderer Familien, gegen die gleichfalls Räumungsklage eingereicht worden sei, in übelster Weise bedroht. Diese Bedrohungen gipfelten in Auswüchsen wie Schlägereien und Messerstechereien. Hinzu komme, daß die Söhne der Beklagten gemeinsam mit den Söhnen der anderen Familien nachts im Hause randalierten und die Ruhe der übrigen Mieter störten. Weiterhin pflegten die Söhne der Beklagten die Hausanlagen, wie Keller, Briefkästen und Treppenhäuser zu beschädigen und zu zerstören, so daß sie mehrfach Renovierungsarbeiten habe durchführen lassen müssen. Die einzelnen Vorfälle ergäben sich aus den vorgelegten Beschwerdeschreiben der anderen Mieter.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause ... , gelegen im 1. Stock links, bestehend aus 2 Räumen, Keller und Küche zu räumen und geräumt an sie herauszugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltendgemacht: Ein Teil der von den Mitmietern geschilderten Vorfälle seien wohl auf ihre Söhne zurückzuführen, andere seien jedoch von anderen Jugendlichen verursacht worden. Sie habe nicht die Möglichkeit, ihre beiden 20 und 21 Jahre alten Söhne von derartigen Handlungen abzuhalten.
Das Amtsgericht hat nach Erhebung von Beweisen durch Urteil vom 27.5.1975 die Klage abgewiesen. Gegen diese nicht zugestellte Entscheidung, auf die wegen aller Einzelheiten verwiesen wird, hat die Klägerin am 20.8.1975 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 2.9.1975 bei Gericht eingegangen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Parteien wiederholen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug, das sie nach Maßgabe ihrer in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze ergänzen. Auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat entgegen der Ansicht des Amtsgericht das Mietverhältnis mit der Beklagten durch Schreiben vom 2.4.1974 wirksam gemäß § 554a BGB fristlos gekündigt, so daß die Beklagte verpflichtet ist, die Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, § 556 BGB.
Die Kammer ist davon überzeugt, daß durch die Söhne der Beklagten, die zu deren Hausstand gehören, der Hausfrieden so nachhaltig gestört worden ist, daß der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Beklagte hat bei ihrer persönlichen Anhörung in erster Instanz nicht bestritten, daß ihre Söhne an mehreren Vorfällen, die Gegenstand der Beschwerden der Mitmieter waren, beteiligt waren. Zu ihrer Entschuldigung hat sie lediglich vorgebracht, sie sei nicht in der Lage, auf ihre erwachsenen Söhne einzuwirken. Auch in der Berufungserwiderung läßt sie sich unter anderem dahin ein, es sei für sie schwierig, sich bei den Kindern 100%ig durchzusetzen. Wenn es ihr jedoch nicht gelingt, bei den Söhnen die Einhaltung der Hausordnung zu erreichen, hätte sie die volljährigen Söhne veranlassen müssen, sich eine andere Wohnung zu suchen. In welchem erheblichen Maße die Söhne der Beklagten den Hausfrieden gestört haben, geht aus der Aussage des Hausverwalters der Klägerin, des Zeugen W., hervor, dem die übrigen Aussagen der vom Amtsgericht vernommenen Zeugen nicht entgegenstehen. Weiterer Be...