Leitsatz (amtlich)

Eine Kündigung gegenüber dem ehemaligen Telefondienstleister, die aufgrund schriftlicher Vollmacht eines bei einem Haustürgeschäft gewonnenen Telefonkunden vom neuen Dienstleister vor Ablauf der Widerrufsfrist ausgesprochen wird, stellt eine verbotene gezielte Behinderung des Mitbewerbers dar.

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs vor Ablauf der Widerrufsfrist den Telefonanschluss eines Kunden bei der Telekom zu kündigen und/oder kündigen zu lassen und die Portierung der dazugehörigen Rufnummer auf das Kabel BW genutzte Netz zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen, wenn der Kunde den zu Grunde liegenden Vertrag wirksam widerrufen hat, wenn dies geschieht wie im Fall von Frau W. Q., W.str. 6, 7xxxx L, die ihren am 30.3.2010 im Rahmen eines Haustürgeschäftes erteilten Auftrag zur Einrichtung des Produkts "Clever Kabel Telefon" unter dem Datum des 6.4.2010 widerrufen hat, und deren diesbezügliche Kündigungserklärung sowie den diesbezüglichen Portierungsauftrag Kabel BW am 8.4.2010 an die Telekom Deutschland GmbH weitergeleitet hat.

  • 2.

    Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht mehr als 2 Jahren angedroht, jeweils zu vollziehen an den Geschäftsführern ihrer Komplementärin.

  • 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1379,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.7.2010 zu zahlen.

  • 4.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 5.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

  • 6.

    Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 25 000 vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche der Klägerin. Sie wirft der Beklagten ein unlauteres Ausspannen von Kunden und eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG vor. Am 30.3.2010 habe ein Werber der Beklagten die Kundin der Klägerin, Frau Quercher, ...., aufgesucht. Er habe sie dazu veranlasst, das Auftragsformular wie Anlage K 3 zu unterzeichnen. Mit Einschreiben vom 6.4.2010 habe die Kundin den Auftrag widerrufen. Am selben Tage habe sie die erhaltenen Geräte an die Beklagte zurückgesandt. Der Widerruf sei der Beklagten am 8.4.2010 zugegangen. Am 15.4.2010 habe Frau Q. ein Schreiben der Beklagten erhalten, mit dem ihr Widerruf unter Hinweis auf die Vorschriften des Fernabsatzrechtes zurückgewiesen worden sei (Anlage K 8). Eine wiederholte Reklamation der Kundin vom 22.4.2010 (Anlage K 9), wonach sämtliche Bedingungen der ihr erteilten Widerrufsbelehrung erfüllt seien, habe die Klägerin erneut mit Schreiben vom 23.4.2010 (Anlage K 11) zurückgewiesen. In diesem Schreiben sei ausgeführt, die Beklagte habe den Internet- und Telefonanschluss installiert. Laut § 312d Abs. 3 BGB erlösche das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen habe oder der Verbraucher diese selbst veranlasst habe. Erst auf nochmaliges Drängen der Kundin habe die Beklagte mit Schreiben vom 12.5.2010 den Widerruf "aus Kulanz", wie dort zu lesen, akzeptiert. In Kenntnis des ersten Widerrufes habe die Beklagte den Telefonanschluss der Kundin bei der Klägerin gekündigt und in das eigene Netz portieren lassen.

Unstreitig stand der Kundin ein Widerrufsrecht zu.

Die unzutreffenden Schreiben an die Kundin seien auch als Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot nach § 5 UWG zu werten.

Die Klägerin stellt folgenden Antrag:

die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen,

  • 1.

    es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu Euro 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an den Geschäftsführern ihrer Komplementärin -, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Telefonanschluss eines Kunden bei der Telekom zu kündigen und/oder kündigen zu lassen und die Portierung der dazugehörigen Rufnummer auf das von Kabel BW genutzte Netz zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen, wenn der Kunde den zu Grunde liegenden Vertrag zuvor wirksam widerrufen hat;

  • 2.

    an die Klägerin Euro 1379,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 19.7. 2010 zu zahlen.

Hilfsweise zu 1 stellt die Klägerin folgenden Antrag:

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu Euro 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an den Geschäftsführern ihrer Komplementärin -, zu unterlassen, im geschäftlichen Verk...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?