Verfahrensgang

AG Emmendingen (Urteil vom 22.05.2019; Aktenzeichen 7 C 21/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Emmendingen vom 22.05.2019, Az. 7 C 21/18, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz in Abänderung von Ziff. 4 des Tenors des amtsgerichtlichen Urteils von der Klägerin zu 43 % und von der Beklagten zu 57 % zu tragen sind.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit von Lichtimmissionen im Zusammenhang mit der nächtlichen Beleuchtung der Tiefgaragenzufahrt der Beklagten.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer von ihr und ihrem Ehemann genutzten Wohnung im Anwesen …, welche in Sichtweite zu der im Gemeinschaftseigentum der Mitglieder der beklagten WEG … befindlichen Tiefgaragenzufahrt liegt. Diese wird bei Dunkelheit durch eine Mastleuchte erhellt. Es kommt zu Lichteinfall auf den Balkon und in die Wohnung der Klägerin.

Die Klage hatte zunächst andere Mastleuchten zum Gegenstand, die sich auf dem angrenzenden Parkplatz befinden. Nach der Durchführung von Abhilfemaßnahmen durch die Beklagte akzeptiert die Klägerin den dortigen Zustand inzwischen. Im Zuge der Arbeiten wurde aber die nunmehr streitgegenständliche Laterne mit einer LED-Leuchte ausgestattet.

Die Klägerin behauptet insbesondere, dass von dieser Mastleuchte Blendwirkungen ausgingen, die eine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung ihrer Wohnung darstellten.

Die Beklagte hält dies für übertrieben und behauptet namentlich, die Blendwirkungen seien untergeordneter Natur, ortsüblich und im Ergebnis jedenfalls zu vernachlässigen.

Durch das der Beklagten am 28.05.2019 zugestellte Urteil vom 22.05.2019, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die am 28.06.2019 eingelegte und mit am 27.09.2019 nach Fristverlängerung bis zum 30.09.2019 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Emmendingen vom 22.05.2019, Az.: 7 C 21/18, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme im Rahmen seines Ortstermins am 04.02.2020 sowie durch Einholung eines lichttechnischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen SV. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 26.02.2020 (AS II 95-100) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04.02.2020 (AS II 91-93) Bezug genommen.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung der von der streitbefangenen Mastleuchte ausgehenden Blendwirkung auf ihre Wohnung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB.

Sie ist nicht nach den §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 1 BGB zur Duldung der verursachten Lichtimmissionen verpflichtet.

Gemäß § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen nicht verbieten, wenn diese die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, richtet sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 14.11.2003, V ZR 102/03, juris Rdn. 27). Dabei muss der Emittent darlegen und beweisen, dass die Einwirkung nicht wesentlich ist (BGH, Urt. v. 20.11.1992, V ZR 82/91, juris Rdn. 49). Aus der Beweisbelastung des Einwirkenden ergibt sich auch, dass er darlegen und ggf. beweisen muss, dass sich seine Immissionen innerhalb der in § 906 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB genannten Grenz- und Richtwerte halten (BGH, Urt. v. 08.10.2004, V ZR 85/04, juris Rdn. 10 f.).

Nach dem Ergebnis der ergänzenden zweitinstanzlichen Beweisaufnahme ist der Beklagten nicht der Beweis gelungen, dass die von der noch streitgegenständlichen Mastleuchte während der Dunkelheit ausgehenden Lichteinwirkungen die Benutzung der Eigentumswohnung der Klägerin nur unwesentlich beeinträchtigen.

Für die psychologische Blendwirkung einer Lichtquelle enthalten die „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen” der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz vom 13.09.2012 (im Folgenden: Licht-Leitlinie) bestimmte Richtwerte für das einschlägige Blendmaß ks. Zwar hat die Licht-Leitlinie weder normativen noch quasi-norma...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?