Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzbedürfnis für sofortige Beschwerde gegen Räumungsfristbewilligung bei Berufung gegen Räumungsurteil
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das Rechtsschutzbedürfnis für die sofortige Beschwerde gegen die Bewilligung einer Räumungsfrist entfällt, wenn der Beklagte gegen das Räumungsurteil Berufung einlegt.
Tatbestand
Durch Urteil des AG Butzbach v. 7.9.1993 wurde die Beklagte verurteilt, die im Haus des Klägers innegehaltene Parterrewohnung zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Ihr wurde eine Räumungsfrist bis zum 30.4.1994 bewilligt. Gegen die Bewilligung der Räumungsfrist legte der Kläger sofortige Beschwerde ein. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsanspruchs in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat der Kläger auch den Streit über die Gewährung der Räumungsfrist für erledigt erklärt. Dieser Erledigungserklärung hat sich die Beklagte angeschlossen.
Entscheidungsgründe
Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Denn hätte im Beschwerdeverfahren über die Beschwerde eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen müssen, so wäre ihr der Erfolg versagt geblieben.
Nachdem die Beklagte gegen das Räumungsurteil Berufung eingelegt hatte, war das Rechtsschutzbedürfnis für die sofortige Beschwerde entfallen. Der Kläger hätte den Antrag auf Versagung oder Verkürzung der Räumungsfrist nach der Berufseinlegung im Wege der Anschlußberufung geltend machen müssen. Dies wäre für ihn der billigere, schnellere und sachdienlichere Weg gewesen (vgl. LG Landshut NJW 1967, 1374 f. und die Anmerkung zu dem Urteil durch Schmidt-Futterer). Gleichwohl hätten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung gemäß § 91a ZPO der Beklagten auferlegt werden müssen, wenn die sofortige Beschwerde im Zeitpunkt ihrer Einlegung begründet war. Das ist aber nicht der Fall. Die Entscheidung nach § 721 Abs. 1 ZPO ist eine Ermessensentscheidung, die das Gericht unter Abwägung der für und gegen die Gewährung einer Räumungsfrist sprechenden Umstände zu treffen hat. Auch die Dauer der Räumungsfrist hängt von dieser Abwägung ab. Die vom AG vorgenommene Abwägung läßt keine Ermessensfehler erkennen. Die Beklagte mußte ihr Fortsetzungsverlangen nicht von vornherein als aussichtslos betrachten. Sie durfte die Entscheidung in der Hauptsache abwarten, ehe sie intensive Anstrengungen zur Erlangung einer neuen Wohnung unternahm. Dafür mußte ihr das AG unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes auch für die Zeit nach Erlaß des Urteils eine ausreichend bemessene Frist gewähren.
Fundstellen