Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietspiegel als Beweismittel zur Ermittlung der Vergleichsmiete
Orientierungssatz
Die Mietwertbestimmungen nach MietHöReglG § 2 kann nicht losgelöst vom allgemeinen Mietgefüge getroffen werden. Dabei kann einem Mietenspiegel, der auf der Grundlage umfangreichen Datenmaterials nach wissenschaftlich-statistischen Erkenntnissen erstellt worden ist, Beweiswert zukommen.
Das Gericht kann die konkrete Miete im Wege der Schätzung nach ZPO § 287 Abs 2 auf dem Hintergrund des allgemeinen Mietgefüges ermitteln.
Der Brauchbarkeit eines Mietenspiegels als Beweismittel für das allgemeine Mietgefüge steht nicht entgegen, daß in ihm Material aus Wohngelddaten verwendet worden ist.
Tatbestand
Die Kläger sind Vermieter, die Beklagten sind Mieter der in H. 19, B.-Straße 40 belegenen Wohnung. Das Mehrfamilienhaus, in dessen 1. Obergeschoß die Wohnung belegen ist, wurde im Jahre 1902 errichtet, im 2. Weltkrieg im wesentlichen zerstört und 1950 wieder aufgebaut. Die Wohnung ist 62,36 qm groß und mit Bad sowie seit 1974 mit Zentralheizung ausgestattet. Sie ist in den letzten Jahren weiter modernisiert worden, indem ua neue Kunststoffenster mit Thermopaneverglasung, neue Fensterbänke, eine Gegensprechanlage und Türöffneranlage, eine Sicherheitsschließanlage, eine verstärkte Steigeleitung und eine neue Telefonleitung installiert wurden. Außerdem wurden die Wohnungseingangstüren erneuert. In einem Vorprozeß vor der Kammer (11 S 195/75) stimmten die Beklagten im Wege des Vergleichs einer Netto-Kaltmiete von 4,50 zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 1,20 DM/qm ab 1. September 1975 zu. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1976 wurde von ihnen die Zustimmung zur Erhöhung der Netto-Kaltmiete auf 5,80 DM gefordert. Dem Anforderungsschreiben war eine Liste von Vergleichswohnungen beigefügt. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Wohnung sei wegen der in den letzten Jahren vorgenommenen Modernisierungen mit Neubauwohnungen der Jahre 1974 bis 1976 zu vergleichen und demnach in die Baualtersklasse des Mietenspiegels ab 1968 einzuordnen. Auch sei die Wohnung in bevorzugter Wohnlage belegen. Störende Betriebe seien nicht vorhanden. Es bestünden gute Verkehrsverbindungen, Einkaufsmöglichkeiten und Schulmöglichkeiten. Hallenbad und Freibad befänden sich in unmittelbarer Nähe.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, zuzustimmen, daß die monatliche Grundmiete ab 1. Februar 1977 359,60 DM betrage.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat die Klage nach Ortsbesichtigung durch Urteil vom 21. Juni 1977 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die Wohnung trotz der vorgenommenen Verbesserungen der Baualtersklasse von 1950 entspreche, die Modernisierungen durch Nachteile in der Ausstattung ausgeglichen seien und die Wohnlage als normal einzuschätzen sei. Die jetzige Miete von 4,50 DM je qm liege noch über der ortsüblichen Miete, die nach dem Mittelwert des Mietenspiegels mit 4,33 DM/qm zu bestimmen sei.
Die Kläger haben gegen das Urteil formgerecht und fristgerecht Berufung eingelegt und das Rechtsmittel ordnungsmäßig begründet. Sie meinen, das Amtsgericht hätte sich mit den von ihnen benannten Vergleichsobjekten auseinandersetzen müssen. Im Hinblick auf die Grünanlagen in der Umgebung sei die Wohnlage als gut einzustufen. Die Wohnung entspreche wegen der durchgeführten Modernisierungen einer Neubauwohnung der Baualtersklasse ab 1968. Die Maßnahmen hätten dazu geführt, daß es sich um eine umfassend erneuerte Wohnung im Sinne von § 17 2. Wohnungsbaugesetz (2. WoBauG) handele. Dementsprechend habe das Bezirksamt E. - Bauamt - einen Anerkennungsbescheid vom 10. Juni 1977 erlassen, demzufolge der Wohnraum als am 1. Januar 1977 bezugsfertig gelte. Die Miethöhe könne nicht nach dem Mietenspiegel bestimmt werden, der aufgrund falscher Berechnungen und unrichtiger Zahlen in hohem Maße umstritten sei. Das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 16 - habe durch Urteil vom 27. September 1977 (16 S 171/76) erkannt, daß der Mietenspiegel durchaus nicht als sicheres und zuverlässiges Beweismittel angesehen werden könne. Ebenso habe auch das Amtsgericht Hamburg-Altona durch Urteil vom 12. September 1977 (314 C 358/77) entschieden. Vielmehr sei der Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete durch ein Sachverständigengutachten zu führen, das den Umständen des Einzelfalles Rechnung trage.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen vor, die Wohnung habe nach wie vor Altbaucharakter. Sämtliche wertverbessernden Maßnahmen - bis auf die Thermopaneverglasung - seien bei der Mietwertbildung im Rahmen des im Vorprozeß abgeschlossenen Vergleichs berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet. Das Zustimmungsverlangen der Kläger nach § 2 MHG hat insoweit Erfolg, als...